Vorwärts Nr. 9, 11. Jahrgang, November 1978
In der Halle des ehemaligen "Deutschen Turnvereines",einst die Hochburg der Steyrer Faschisten, entstand ein Kino. Gottfried Treuberg, ein beliebter Schauspieler, sam– melte Künstler um sich und auf der Bühne des Turnsaales, bei schlechter Beleuchtung, wurde Theater gespielt. Die Betreuung der Kranken und Verletzten stieß in Steyr-Ost auf schier unüberwindliche Schwierigkeiten. Der Großteil der Steyrer Ärzte lebte im Westgebiet und das Kranken– haus war ebenfalls dort. Das nächste Spital auf der Ostseite befand sich in Amstetten und auch das war überfullt. Daher wurde unter Leitung von Franz Hilber in der Punzer– straße 47 im Wohngebiet Münichholz ein Krankenhaus geschaffen. Allmählich normalisierte sich das Leben wieder, in gemeinsamer Arbeit überwanden die Steyrer vom Ostufer die großen Schwierigkeiten. Kommuni,ten, Sozialisten und Partei– lose gaben ihr Bestes zum Wohle der Stadt und ihrer Bewohner . Als nach dreimonatiger Sperre die Ennsbrücken wieder geöffnet waren und Steyr wieder ein Ganzes war, freuten sich die Bewohner beider Stadtteile. OKTOBER 1950: ST RE I K I N STEYR Diese bisher größte Streikbeweguna der österreichischen Arbeiterschaft in der Zweiten Republik war eine Reaktion auf d;e zwischen OGB-Führung und Unternehmervertretern aus– gehandelten sowie von der Regierung durchgesetzten Lohn-Preis-Pakte beziehungsweise ein Resultat des entschiedenen Kampfes der KPO gegen diese Praxis. Der Oktoberstreik begann bei der Vöest in Linz und in den Steyr-Werken. Von Oberöster– reich breitete er sich rasch in Wien, Niederösterreich und der Steiermark aus. Regie– rung und OGB-Führung versuchten, die spontane Bewegung mit der "KP-Putsch"-Lüge einzu– dämmen. Tatsächl ich handelte es sich ll11 einen Streik for die Zuriicknahme des 4. Lohn– Preis•·Abkommens, in dem die KPO die einzige organisierende Kraft darstellte. MASSREGELUNGEN DURCH DTE WERKSDIREKTION UND SP-BETRIEBSRATSMEHRHEIT Die Putschlüge, die schon während des Streiks durch die SP-Führung lanciert worden war, um die Arbeiterschaft aufzuspalten und die streikenden SP-Kollegen zur Räson zu bringen, mußte nachher vor allem für die zahlreichen Maßregelungen herhalten . 300 Kommunisten.Be– triebsräte und gewählte Vertrauensmänner wurden sogleich gekündigt, mit der Ausrichtung, daß sie in ganz Steyr und Umgebung keine Arbeit mehr bekommen sollten. Dennoch gelang es uns KoJllllunisten, bei den Arbeiterbetriebsratswahlen 1951 im Steyr-Werk mit über 2. 0 0 0 Stimmen die Höchstirrmenanzahl zu erreichen, die wir je hatten, und mit acht Mandaten wie– der in den Betriebsrat einzuziehen. Die SP-Führer von Steyr in Zusammenarbeit mit dem damaligen Zentraldirektor Glöckl schaff· te es allerdings dann, daß sich bis 1953 die Zahl der Gemaßregelten, Kommunisten, fort– schrittlichen Arbeiter und "Verdächtiqen" auf mehr als 400 erhöhte. 14
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