Vorwärts Nr. 9, 11. Jahrgang, November 1978
MITTE JANNER drangen die sowjetischen Truppen bis zum Plattensee vor und lieferten dort eine der größten Durchbruchsschlachten der Kriegsgeschichte. Am 31.März über– schritten die· ersten Abteilungen der Roten Armee bei Güns die ungarisch-österreichi– sche Grenze. ~ien wurde am 13.April nach schweren Kämpfen befreit. Am 27.April 1945 wurde die provisorische Regierung mit Staatskanzler Dr. RENNER (SPö), Vizekanzler Dr. SCHARF (SPö), Johann KDPLENIG (KPö) und Ing. Leopold FIGL (öVP) an der Spitze, gebildet. MI TT EN DURCH S TEYR GI NG DI E GRENZE Um die Mittagszeit des 5.Mai 1945 erschütterten mehrere heftige Detonationen die Enns– leite in Steyr. Hinter dem Siedlungsgebiet, dort, wo heute eine moderne Schule steht, sprengten die deutschen Truppen ihre letzten Geschütze. Zur selben Zeit fuhren unten in der Stadt die ersten amerikanischen Truppen durch die Straßen. Sie holten den Na– zi-Oberbürgermeister Ransmayr aus seinem Amt und besetzten die Schlüsselstellungen der Stadt . Bewaffnete Arbeitergruppen, Sozialisten und Ko11Tnunister. entwaffneten die letz– ten Teile der Wehrmacht. AM NACHMITTAG DES 7.MAI 1945 trafen die Spitzengruppen der Roten Armee in der Stadt ein. Gemäß den alliiertenVereinbarungen besetzten sie die Enns-Brücken. Die Stadt war in zwei Teile geteilt. Schwer war das Schicksal aller Österreicher nach dem Ende des Krieges, besonders schwer aber im Ostteil der geteilten Eisenstadt. Der Stadtplatz mit seinen Geschäften und Behörden, das Krankenhaus, die Lebensmittellager, die Molkerei, der Großteil der Schulen und vor allem das landwirtschaftliche Hinterland lag auf der Westseite. In Steyr-Ost gab es das alles nicht. Dafür aber neben der normalen Bevölke– rung tausende Flüchtlinge. Die paar beherzten Männer, die in dieser Stunde das Schick– sal des Stadtteiles in ihre Hände nahmen, standen vor keiner beneidenswerten Aufgabe. ES F EHLTE AN ALLEM Es gab keine Milch, kein Fleisch, kein Brot und keine fahrbereiten Fahrzeuge. In Zu– sa11Tnenarbeit mit den Vertretern der Sowjetarmee wurde eine provisorische Stadtverwal– tung gegründet. Die neuen Stadtväter: Hans KAHLIG, Thomas TRUNK, Karl HOBSCH, Josef BLODERER, PROKESCH, SCHANOVSKY, Dr.ENZELMOLLER und RIBNITZKY standen vor dem Nichts . Zuerst galt es, die Versorgung mit Lebensmittel, vor allem mit Milch für die Kinder in Schwung zu bringen. Das war leichter gesagt als getan. Die wenigen Milchkühe des Einzugsgebietes reichten nicht aus. Darüber hinaus waren die Bauern nicht bereit, kostbare Milch gegen Geldschei– ne zu geben, deren Wert keinesfalls gesichert war. Die Milchkorrmandos hatten Tag und Nacht zu tun. Sie mußten Tabak beschaffen,denn für Tabak gaben die Bauern Milch her. 12
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