Krankenversicherung vor der Pleite? Von Anton Hofer, Vorsitzender der Fraktion des Gewerkschaftlichen Linksblocks In letzter Zeit steht die finanzielle Situation der Krankenkassen im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen . „ Pleite der Krankenkassen" - ..Sanierung der Krankenkassen notwendig" - ,.Kostenbeteiligung der Versicherten erforderlich" , so lauteten die Schlagzeilen in den sogenannten unabhängigen Zeitungen . In einem ORF-Interview forderte Ärztekammerpräsident Piaty eine zehnprozentige Beteiligung der Sozialversicherten sowohl an den Arzt- als auch an den Medikamentenkosten . Dies würde den Arbeitern und Angestellten rund eine Milliarde Schilling jährlich kosten . ÖVP- .. Sozialsprecher" Kohlmaier verlangt die Einführung eines sogenannten „Ärzte-Scheck - heftes", wofür 100 Schilling seiner Meinung nach ein „sozialer Preis" wäre . Kohlmaier schließt auch eine generelle Beitragserhöhung für die Krankenversicherung nicht aus. Ist die Krankenversi cherung wirklich bankrott? Der Generaldirektor der Sozialversicherung, Dragaschnig, stellte hiezu fest : Es gibt keineswegs „kranke" Kassen. Zwar werden einige Gebietskrankenkassen heuer tatsächlich in die roten Zahlen schlittern, aber dies bedeutet nicht, daß die soziale Krankenversicherung deswegen bankrott machen wird, denn die Abgänge können, so Dragaschnig, aus dem Ausgleichsfonds des Haupt - verbandes gedeckt werden. O~e fnt;.JVid<i ung ist aber ernst Trotzdem ist nicht zu übersehen. daß die finanzielle Entwicklung der Krankenkassen alarmierend ist . Worauf ist das zurückzuführen? 1 . Eine Schlüsselfunktion kommt den Spitalskosten zu . 24 Prozent der Beitragseinnahmen der Krankenkassen werden für die Spitalspflege gebraucht . Diese Ausgaben wachsen jährlich zwischen 17 und 20 Prozent . 2 . Die Ausgaben für die Medikamente steigen jährlich um etwa 15 Prozent . 3 . Hiezu kommen die überhöhten Honorarforderungen der Ärzte . \füi e :<arm die ftt1isere abgewandt werden? Weder die Vorschläge des Ärztevertreters Dr . Piaty noch die des ÖVP-Sprechers Kohlmaier führen zu einer Lösung, sondern brächten nur eine weitere Belastung der Versicherten . Ein erweiterter Selbstbehalt käme auch einem Raubbau an der Volksgesundheit gleich, bestünde doch die Gefahr . daß viele Leute vermeintliche Bagatellfälle so lange anstehen ließen, bis sich die „Kleinigkeit " zu einer schweren - und damit auch kostspieligeren Krankheit ausgewachsen hat. Die Frage, ob die Kassenbeiträge erhöht werden sollen oder nicht, ist keine Lösung . Sie w ü rde den Krankenkassen nur vorübergehend aus ihrer finanziellen Schwierigkeit helfen, und dies eben - falls auf Kosten der Versicherten . Die KPÖ und die Fraktion des Gewerkschaftlichen Linksblocks ist der Auffassung, daß die Probleme des Gesundheitswesens letztlich nur mit einem nationalen Gesundheitsdienst wirksam und auf die Dauer gelöst werden können. Ais Sofortmaßnahmen schlägt die ~{PÖ und die Fraktion des Gewerkschaftlichen Linl<sbl ocl<s vor: ~ Höhere finanzielle Be iträge vom B und f ü r d ie Erhaltung der S p itäl er , :zurnindest in · dem selben Au smaß ,Nie v o r ·1938 . Hi er hätte vor ailern der Grundsatz zu gelten, daß die Volksgesundheit ebe nso /l.ngei egenhei t d es St aates se in müsse , wie etwa die Schulen und di e Po lizei. ~ Moderni s ie r u ng und V e reinheitlichung des Spita lwesens . • Her absetzung der riesigen Handelsspannen bei den Medikamenten - preisen; di e s ist a uf Kosten der riesigen Profite der pharmazeutischen Ind ustr ie und des Handels möglich. e Zurü ck ,Neisung de r ü be r höh t e n Honorarforderungen der Ä r zte.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2