Vorwärts Nr. 4, 8. Jahrgang, Juni 1975

Tage waren schwer, aber hoffnungsfroh . . Die Kommunisten waren 1945 aktiv am demokratischen Aufbau in Steyr tätig EINE HISTORISCHE AUFNAHME : der damalige Vizekanzler Johann H.oplenig in der Mitte der Stadt- und Bezirksverwaltung von Steyr-Ost und Vertreter der sowjetischen Stadt Kommandantur &nläßlicb einer Konferenz am 7. und 8. Juli 1945. Am 5. Mai 1945 erschülterten mehrere heftige Detonationen die Stadt. Di e deutsch en Truppen sprengten ihre 'letzten GeschiitLe und noch am selben Ta•g ent.wafJneten Arbeitergruppen.. Sozialisten und Kommunisten , Überreste der Wehr - macht. Am 6. Mai ka.men die Amer ikaner nach Steyr. Am Nach mitta.g des 7. Mai rückte die Vorhut der Roten Armee im Ostteil d er Sladt ein. Auf Grund der allliertcn .Vere in'barungen wurde dann die Stadl in zwei Teile gete ilt un,d dieser Zu - ,;t.and hielt mehrere Mona le an. Die TeiLung der Stadt durch eine Demarkationslinie brachte im.besondere für den Osttei'\ der Stadt große Sc-hw:cr ig,keiten , denn di e Gesc:häft~lokale Und Behörden . da s SpitaJ. die LebenSmit,t~~. die Molkereien, der Großteil der Sc,hulen un<l ;rnr.h rl.i~ Jand,wirti!cnMt11cne Hintet1land lag auf der Westseite cter Erm> . e Die beherzten Männer . d ie damals d,as Schic,ksa-1 des Stadt.tc ;les in ihre Hände nahme n, st.and<>n vor einer äußerst schwierigen Au(gabe In Zusammenarbeit mit den Einheiten der Sowjetarmee wunde dann eine provisor ische Stadtverwaltun.~ iegl"i.indet. Diese neuen „Sladtvä ter" waren Kah'1i!1;, Trunk. Hübsch . ßloderer. Schanovsky. Dr . En,zclrnüllcr_ Prokesch und Ri-ba itz;ky. Erstes. Brot: Aus Hafer Die erste Sor,ge der neuen Stadt - venvaltung galt der Versorgung der Bevölkerung mi t Lebensm itteln. Es mußte Tahak beschafft werden, mit dem als T auschmittel Milch e ingehandelt werden konn te. In ganz Steyr-Ost gab es nicht ein.mal zehn intakte Lastwagen und die waren auch nur Holzve~gaser. Es dauerte wochenlang_ b is es gelang, in SteyrOst eine Molkere i einzuri chten. Es war eine ausgesprochene Sensation, über die sich a:lle f.reuten. als zum erstenmal 2Jv.ei Deka Butter für jedes Klein1kind au!>gegeben werden konnten. e Das erste Brot, das ausgegeben werden konnte. war Haferbrot. Die Stad tfunktionäre hatt en nämlich erfahren . daß unwe it der Stadt sieb.r zC'h n Waggon Hafe r lagerten. In mühsamer Arbeit wurde das Getreide in Mühl en gebracht und gemahl en, Das Ha ferbrot schmeckte zwar trocken und war brüchig, abe r es konnte immerh in d ie erste i;chw ierLge Zei t iibnhrür-kt werden . D,e vielen Pferd e. welche die deut- ~c11e Wehrmacht zu rü ckl asse n, mußte, b!ldet en die Grundlage für die ers!en Flcischzutei Ju ngen. Eine besondere Schwierigkeit ent- ~tand dadurch. daß in Steyr-0°t ke in Ge ld vorhanden war. Die Antifaschi- ;-:ten Fran,z Draber und Han~ Strauß "r-hwammen in finste rer Nacht über d :e Enns . holten im Wes ten der Stadt Geld und durehschwa mmen damit abermal s den Fluß. Erst ~piitcr wurde der Geldvorrat des F inanzamtes in S!C'yr-Ost amtlich besc hlagnahmt, \\'Obei de r lei lende Hofrat des F : - nanza:mtes zum neuen Stadt.ka.ssie r ernannt wurde. Anfänge einer neuen Kultur Stcyr-O~t hat!e auch ,chon sehr b1ld eine ei.genc Wochenzeitung und in d-cr Halle de, Pi1emaligen dcu! sch - vöLkischen Turnvereins, in der einsttgen Hochburg der Steyrer Faschisten, wurde e in Kino eingerichtet. Gottfried Treuberg, ein beliebte.r Sdhauspi~ler, sammelte Künstler um sich und au,f der Bühne des TwrnsaaJ.es wurde auch Theater gespie>lt. Große Schwierigkeiten bereitete es auch. in Münichholz ein eigenes Krarukenhaus einzurichten. Um dessen GI'!ündung hat sich Franz Hilber große Verdienste erwot1ben. • Tr.otizdem waren diese schweren Tage auch Tage der frohen Hotfnun,g, denu die l::levölkerung ging m it Schwung dara11 , das furchtJbare Erbe des fas elhistischen Krieges zu überwinden. Die gute Zusammenarbeit aller Antifaschisten war die Garantie dafür, daß das Leben mit jeder Woche leiohter wurde. Am 7. und 8. Juli fand dann bereits eine Bezirks-Parteikonferenz statt, bei der der Vizekanzler der Provisorischen Regierung, St>aatssekretär Johann Koplenig, anwesend war. An dieser Konferenz nahmen auch Delegierte von Sankt Valentin, Weyer, Reichraming, Großraming, Losenstein, Lausa, Ternberg, Sank\ UII'lich, Maria Neustift und Haag in Niederösterreich teil. Bei der Konferenz wurde berichtet, daß sowohl in Steyr-Ost als auch in den Land• gemeinden des Bezirks bereits zahlreiche Versammlungen abgehalten worden waren. Wenn auch in Steyr-Ost die Ankurbelung des Lebens sehr schwieI'lig war, so war der Aufbau einer neuen Demokratie dem Westen der Stadt doch um ein beträchtliches Stiück voraus.

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