Vorwärts Nr. 5, 7. Jahrgang, Juli 1973

..\n eine \\"ohnp,,rtei P. b. b. Wieder 8~1 Prozent T euerun~ Eigentümer,Herausgeber, Verleger und Druck: KPÖ Steyr, Johannesgasse 16. Für den Inhalt verantwortl.: r - - - - - - - - - - - - - - 7 Martin Grasser Steyr Der Verbraucherpreisindex für Mai weist eine Teuerungsrate gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres von 8,1 Prozent auf. Damit wurde der Teue- · run~srekord vom Jänner neuerlich erreicht. Steinfeldstrasse Nr. 11 1 Erst:heinungsort: S t e Y r ·- 1 1 L ______________ ...J Verlagspostamt : Steyr 4400 6.Jahrgang Juli 1973 Nummer 5) ·Halbheiten sind keine lnf ofrmation:en Steyrs Gaspreise in Diskussion - KPö stellt übersichtliche Rechnung auf _Mit Gewalt sollten am Dienstag: ·19__- Juni · im Steyrer Gemeinderat ·efostiinmig die neuen Tarife für die Umstellung der Gasversorgung auf Erdgas beschlossen werden. Mit allen Fraktionen hatte Bürgermeister ·Fellinger „Glück". Nur die KPÖ interessierte sich für dle Sache mehr, als den Verantwortlichen lieb .war. Die Damen und Herren von SPÖ, ÖVP und FPÖ waren überhaupt nicht informiert. Für. sie war da der ganze Fragenk9mplex offenbar ein Buch mit sieben ·siegeln. Gemeinderat Otto Treml (KPÖ) rügte die hektische Eile, mit der die Tarife bestimmt werden sollen. Darauf 'meicte Bürgermeister Fellinger, die Gasabnehmer hätten ein Recht, zu -erfahren, wie hoch die Preise des neuen Erdgases si,nd. Der Sprecher der KPO analysierte präzise den Wert der „Information" über die neuen Gaspreise. • Der Einstandspreis ab österreicn!scher Grenze beträgt für das Erdgas 39 Groschen. Steyr übernimmt das Gas zu einem Einstandspreis von 99,4 Groschen. Die Stadt soll nach der neuen Tarifregelung das · Gas um 3.34 S (für Haushalte) · bzw: 1.16 S (fü1 Großabnehmer) pro Kubikmeter abgeben. Daß der · Preis für · Erdgas geringer sein wird als der für das bisher verwendete Spaltgas, liegt auf der Hand. Sonst würden ja Millionenstädte wie München, Hamburg oder Mosk;u nicht ihre Versorgung auf Erdgas umstellen. Für den Kleinabnehmer ist es aber auch· wichtig zu wissen: kann ich mit meinem alten Herd das neue Gas verwenden, muß ich ihn umbauen muß ich ihn gegen einen neuen' umtauschen, oder soll · ich ·mich überhaupt au! Elektrokochen umstellen? Diesen Fragen, die jE"tlen Gasabnehmer der Stadt brennt!nd interessieren wich der Bürgermeister aus. E; meinte, die Untersuchungen seien noch im Gange, m_an werde Ergebnisse und Erfahrungen aus anderen Städten abwarten, bis man zu Entscheidungen komme. C, Mit diesen Ausreden .gab sich der Sprecher ·der _ Kommunisten nicht zufrleden. Er nahm zur Kenntnis, daß sich der Gaspreis im ·allergünstigsten Falle um 20 Prozent ermäßigen wird. Das sind pro Haushalt nicht mehr als 80 Schilling pro Jahr. Ein neuer Herd aber kostet in billigster ·Ausführung rund 4000 Schilling. ·Es müßte also ein Abneh- :rn.er, 50 Jahre lang _das verbilligte Gas beziehen, _ ehe theoretisch der neue Herd abgezahlt ist. Klare Forderungen Der Sprecher ·der KPO verlangte, daß den · Haushalten keine zusätzlichen Kosten durch die Umstellung erwachsen dürfen. Bei in Arbeit stehenden Gasabnehmern müssen langfristige und zinsenlose Kredite gewährt werden. · Die Mieter der Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft der Stadt dürfen durch die Um„ tauschaktion überhaupt nicht berührt werden, da die Geräte Eigerttum der GWG und nicht der Mieter sind ·Den Pensionisten mit Ausgleichszulage müssen die Geräte vom städtischen Gaswerk kostenlos umgetauscht werden. Die alten Leute können ja nichts dafür, daß die Stadt nun moderne Wege geht, bei denen sie mit ihren kleinen Renten nicht mehr Schritt halten können. Die Ausführungen des KPÖSprechers wurden von den Mitgliedern des Gemeinderate_s mit großem Interesse verfolgt.· Auch Bürgermeistel'. Fellinger j{onnte_sich der Wirkung dieser ·sachlichen Argumente nicht entziehen und versprach, dfe Stadt werde alles tun. um Benachteiligungen der Bev'ölkexi.mg bei der Umstellung auf Erdgas zu vermeiden. Erst nach diesem· Versprechen des Bürgermeisters stimmte auch di,e KPÖ-Fraktion für die neuen Gastarife. Heigl „weiß von nichts_"_______, In der letzten Sitzung des Arbeiterbetriebsrates der SteyrWerke regte Betriebsrat Anselm Hinterreitner (GE) an, der Betriebsrat möge sich an einer Solidaritätsaktion für die streikenden Kollegen der Böhler-Werke beteiligen. Die Betriebsräte aller Fraktionen nahmen diesen Vorschlag mit Genugt'ming zur · Kenntnis. ·Nur der· Obmann des Arbeiterbetriebsrate$, Gemeinderat Hans Heigl. war dageg<'n. Er erklärte. er habe über die ganze Sache „keine Informationen" und könne daher eine Beschlußfassung des Betriebsrates nicht ·befürworten. Das muß man sich vorstell!'!n: 40 Kilometer von Steyr entfernt streiken rund 1300 Arbeiter. Aber der Arbeiterbetriebsratsobmann des größten Privatbetriebes Osterreichs, Hans Heigl. So!tzenkandidat der SPÖ bei den Landtagswahlen, weiß von nichts, als ob er Hase heißen würde. Zu seiner. Entschuldigung kann man nur anführen, daß auch das Zentralorgan seiner Partei. die „AZ" , über die ganze Sache den Mantel des Schweigens breitet. Zeitgemäße Erinnerungen Bei der Auszeichnung von Altlandesrat En.e:e mit der Ehrenbürgerschaft und von Magistratsdirektor i. R. Dr. Enzelmüller mit dem Ehrenring der Stadt Steyr, erinnerte Gemeinderat Otto Treml namens der KPÖ daran, daß Lan-· desrat Franz Enge im Jahre 1945 einer der ersten war, die dafür Eintraten. daß die Ju2end den Had~r der Alten verg_essen soll und daß m einer einheitlichen Jugendbewegung die österreichische Jugend zusammengefaßt werden soll. Leider erfüllten sich diese Träume nicht. Magistratsdirektor Dr. Enzelmüller war, sa.e:te Gemeinderat Treml. einer der Männer der Stunde Null in Steyr. Hand in Hand mit den Kommunisten baute er in Steyr-Ost die demokratische Stadtverwaltung auf. Mit ihren damaligen Entscheidungen war diese Stadtverwaltung au! vielen Gebieten der Zeit WPit voraus und vorbildlich für eine fortschrittliche Kommunalpolitik.

Politikergehälter Mit 19 großjährig Am 1. Juli tritt die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters von 21 auf 19 Jahre in Kraft. Alle Österreicher, dfe am 1. Juli 19 Jahre alt sind, haben nun alle Rechte und Pflichten von „Erwachsenen". Mit 1. Juli tritt wiederum eine saftige Gehaltserhöhung für alle öffentlichen Mandatare in Kraft. Die Abgeordneten werden bis zu 2600 Schilling mehr erhalten, die Minister sogar bis zu 5000 Schilling. Bei solchen Gehaltserhöhungen ist es verstöndlich, da~ sich weder Kreisky und sein Team noch die Abgeordneten Ober die inflationistischen Preiserhöhungen aufregen. Die Eltern verlieren damit freilich die Ansprüche auf den steuerlichen Kinderabsetzbetrag und die Kinderbeihilfe um zwei Jahre früher, wa3 im einzelnen Fall einen Verlust von mehreren tausend Schilling verursacht. Der Finanzminister erspart sich insgesamt 540 Millionen Schilling. Erhöht werden gleichfalls die Mietzinsbeihilfen für die Minister, Werden die Arbeiter und Angestellten mit nur 30 Schilling monatlich abgespeist, und das seit mehr als zwei Jahrzehnten unverändert, werden die Minister bis zu 650 Schilling monatlich mehr erhalten. Insgesamt werden ·Kreisky und die ·Mlnilster· ab 1. Juli eine Mietzinsbeihilfe von 9128 Schilling, die Staatssek.retllre· von 8215 Schillinar und Parkl.ments• präsiden.t Benya von. 8672 Schilling monatlich erhalten, Hier die Gehaltserhöhungen im einzelnen: • Der Bundeskanzler und dle Mi-. nister erhalten am 1. Juli ein Monatsgehalt von 76.984 SchiLiing, vierzehnmal im Jahr; das ergibt eine monatliche Gehaltserhöhung- von 4995 Schilling. • Das Gehalt der Staatssekretäre steigt um 4495 Schilling auf 69.985 Schilling, ebenfalls vierzehmna.I im Jahr. • Parlamentspräsident Benya wird ab 1, Julli monatlich 73.485 Schilling ka.ssieren, gleichfalls _vierzehnmal im Jahr, um 4546 Schilling monatlich mehr. • Die Abgeordneten erhalten als Höchstbezug samt Entfernungszulage bis zu 36.514 Schilling monatlich, vierzehnmal im Jahr; das sind mo• natlich um 2607 SchiUi.ng mehr. In diesen Gehältern sind eventuell verrechenbare Sonderpauschale, Repräsentationskosten usw. nicht ent~ halten. In einem ähnlichen Ausmaß werden die Pensionen der Minister und der übrigen bevorzugten Mandatare steigen. Am 1. Juli werden auch die Gehälter der öffentLich Bed-iensteten erhöht. Beträgt die Gehaltserhöhung für die große Masse der Beamten bloß einen Bruchteil der Bezugserhöhungen für die Minister, nämlich nur zwischen 200 und 400 Schilling brutto monatlich, so wird den öffentlich Bed-iensteten auch noch die volle Lohnsteuer abgezogen, während bei den Ministern und Abgeordneten von Haus aus 50 Prozent des Grundgehaltes steuerfrei sind und Zulagen sogar von allen Steuerabzügen befreit sind. Schon bisher lagen die Ministergehälter im Spitzenfeld der Politikerbezüge Europas. Mit den am 1. Juli in Kraft getretenen Gehaltserhöhungen haben sie mit ihren Bezügen die absolute Spitze Europas erreicht. Arbeiter, Angestellte und Beamte sind noch weit von Europalöhnen entfernt, aber Minister und öffentliche Mandatare beziehen bereits die höchsten PolitikergehäLter Europas. Wie lange soll noch dieses soziale Unrecht aufrechterhalten werden? •• • • • Preisstopp • Aufhebung der Mehrwertsteuer für alle Grundnahrungsmittel • Verbot der Preisabsprachen und der Kartelle • Gesetzl iehe Beschränkung der Großhandelsspannen

Saftige Erhöhung der Politikerbezüge Ab 1. Juli 1973 wurden die Monatsbezüge der Steyrer Gemeindepolitiker neuerlich wie folgt erhöht: SPÖ Bürgermeister . . . . . . . . • . . • . . . . . um S 3. 500, - SPÖ+ÖVP Bürgermeister Stellv. um S 1. 275, - Die "ehrenamtlichen" Vizebürgermeister der SPÖ und der ÖVP kassieren nun über 20. 000 Schilling im Monat, für ihre nebenberufliche Tätigkeit in der Gemeinde. Die ÖVP, SPÖ und FPÖ haben e i n s t i m m i g diese Erhöhungen festgelegt. Die KPO fordert die Rückführung der Politikerbezüge ·sowie die volle Besteuerung dieser Einkommen. Auf dem Bildschirm sieht daa Volle ale raufen, dahinter aber . - wie sie es verkaufen•~• JUGEND-DELEGATION ERLEBTE 1.MAI IN MOSKAU Neunzehn junge Österreicher, darunter vier Kollegen aus dem Hauptwerk, hatten im Monat Mai ds. Jahres ein außerordentliches Erlebnis: Im Rahmen einer KJ Ö-Delegation konnten sie als Gäste des Komsomol und des Jugendreisebüros Sputnik am l.Mai in Moskau teilnehmen. Der über.wältigende Eindruck von der Demonstration der Werktätigen läßt sich wohl kaum in Worten wiedergeben. Hunderttausende zogen über den Roten Platz am Lenin-Mausoleum vorbei, eine scheinbar endlose Menschenschlange. Wohl gab die Atmosphäre der Freude dem Ereignis das Gepräge eines großen Volksfestes, doch ließen die mitgetragenen und gerufenen Parolen erkennen, daß sich die Sowjetbürger sehr wohl ihrer Funktion und Position im antiimperialistischen Kampf bewußt sind. Neben Moskau besuchte die KJ~Delegation auch Leningrad und sie hatte Gelegenheit, nicht nur diese beiden Städt, sondern auch einige deren gesellschaftlichen Einrichtungen kennenzulernen.

Sowjetensemble begeisterte Das Gastspiel des B,felorussischen Gesang- und Tanzensembles im Stadttheater war ein Erlebnis besonderer Art und die Steyrer sind sich darin einig, daß es sich beim Auftreten dieser Volkskünstler um einen ausgesprochenen Höhepunkt des Steyrer Kulturlebens der letzten Jahre gehandelt bat. Das Gastspiel war in Zusammenarbeit der österreichisch-Sowjetischen Gesellschaft und des Kulturamtes der Stadt zustapde gekommen. Das 80 Künstler umfassende Ensemble aus Minsk überraschte das Steyrer Publikum mit einem Programm der permanenten Höhepunkte welches von der Folklore bis zur ate'mberaubenden A~robatik al!e Nuancen einer 'künStl~risclf ,,hqcITwertigen Veranstaltung_umfaßt~,, w_ie man sie in dieser Größe .und Buntheit wohl.noch nie gesehen hat: man erlebte das bjelorussische ·vöfk in seiner Melancholie, seinem volkstümlichen Humor, seinem überschäumenden Temperament und der ihm eigenen natürli~hen U;b~n~- freude bis zur rhythmischen Artistik von hinreißender Faszination. Jede einzelne Programmnummer war ein Erlebnis. , Besonders der „Ukrainische Tanz' und die Humoreske „Pawlinka" begeisterten das Publikum, das, wie zum Beispiel die „Steyrer Zeitu~g' ' in einer ausführlichen Rezension schreibt, ,,immer wieder zu stürmischen Ovationen über die hervorragende Kondition aller Ausführen~ den hingerissen wurde ..." . Zu Eeginn der :Veranstaltung übertejchte : · ,, ~PO-Gemeinderat__ Ott_o Treml .·dem- .sowj.etischen Kunstlererisembie' ein Buch und •ein Bild der historischen Stadt Steyr. Tausend Steyrer leben in Armut KPÖ-ViErrtreter verlangt Erhöhung der Hilflosenzuschüsse Von Armut zu sprechen tst im Zeichen des „Wohlfahrtsstaates" nicht opportun. Aber alles Gerede von Wohlfahrt und Hochkonjunktur kann nicht darüber hinwegtäuschen. daß es in Steyr mehr als 1000 Menschen gibt, die in Armut leben. Diese Menschen werden entweder von der öffentlichen Fürsorge unterstützt oder haben eine so kleine Rente, daß sie eine Ausgleichszulage erhalten. Die Stadt Steyr hilft diesen Stiefkindern des Lebens mehr als andere Geme inden . Kohlenaktionen und Zuwendungen zu Weihnachten werden gewährt, die Kohlenaktionen wurd en auf Gutscheine umgestellt und Im Vergleich zum Vorjahr etwas erhöht. Gleichbleiben sollen nach dem Willen der Verantwortlichen die Weihnachtszuwendungen, obwohl die Prei se bedeutend gestiegen sind. Gemeinderat Otto Treml (KPÖ) bemängelte das in der Sitzung des Wohlfahrtsausschusses und verlangte eine Erhöhung der Weihnachtszulage für die öffentlich Befürsorgten von bish er 300 auf 500 Schilling und für die Bezieher von Ausgleichszulagen von bisher 151,50 auf.350.Sch illing. Die Reaktion der SPö~Mehrhe!t war sauer: ,.Fordern ist leicht", meinte der Fürsorge-Stadtrat, ,.woher sollen wir das Geld nehmen?" Gemeinderat Treml blieb dem ratlosen Stadtrat nichts schuldig: .,Die KPÖ treibt keine verantwortungslose Politik, verantwortungslos aber waren die SP-Politiker, die haben nicht gefragt, woher man das Geld nehmen soll, als sie sich Ihre Gehä lte r verdoppe lten. Die Summe, die nötig wäre, um die Weihnachtszuwendungen der armen Steyrer zu er~ höhen , ist nicht ganz so groß wie die, di e d e r .ehrE' n ?•n 1J irl-iP. ' Vi 1.eb(\ 1-gP.rmeister für se ine Tätigkeit In der Gemeinde zusätzlich zu seinem respektabl en Gehalt in den Steyr-Werken pro Jahr ka ssiert. Das Geld wäre a lso d a , es wird nur an der falschen Sei te ausgegeben ." Durch die In tervention des KPÖSpreche rs wird sich nun der Gemeinde rat in sei ner nächsten Sitzung mit d ieser Frage befassen.

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