Vorwärts Nr. 1, 7. Jahrgang, Jänner 1973

Spitalsreform - nur.auf dem Papier Die Abschaffung der dritten Kmsse aHein · liit cHe Probleme n,icht . Ab 1975 soll die dritte Verpflegsklasse in den Krankenhliusem abgeschafft werden, es gibt dann nur mehr zwei Klassen. So ~kt Frau Gesundheitsminister Dr; Leodolter und viele Leute meinen, das sei wer weiß was fUr eine soziale Leistung. Die überwiegende Mehrheit der Patienten lag in den Spitälern bisher auf der dritten Klasse. Nach dem Krankenanstaltengesetz is\ das die Klasse der Minderbemittelten; dazu zählen alle Sozialversicherten. Wer mehr Geld hatte, der mußte „K,lassepatient" sein. Das Spital als solch!s hatte davon keinen großen Vorteil, der Unterschied in den Gebühren zwischen Klasse 2 und 3 ist auf dem ersten Blick minimal, nicht einmal zehn Prozent beträgt die Differenz. Aber dieser Schein trügt. die dritte Klasse zahlt echte Pauschalgebühren. In den Klassen 1 und 2 aber sf.nd die Honorare der Ärzte, die Medikamente, jede Röntgen~ufnahme und jede Spezialbehandlung separat zusätzlich zu bezahlen. Verständlich, daß dem leitenden Arzt einer Abteilung der Klassenpatient lieber ist. Jeder leitende Arzt ist daher selbstverständlich bestrebt, soviel ,,Klassenpatienten" als möglich zu haben. Automati!!ch ergibt sich dadurch eine Diskriminierung der "dritten Klasse". Die dritte Klasse war meistens überbelegt. Auch dann. wenn in der zweiten Klasse noch Betten frei waren, wurden Sozialversicherte abgewiesen ·und an ein anderes Spital abgegeben. Immer mehr zweite Klassen · Lange schon, bevor Ministerin Leodolter mit ihrer Reform auf den Plan trat, schufen geschäftstüchtige Versf<;herungen Zusa.tzverskherungen, durch die der Sozialversicherte .,Klassenpatient" werden konnte. Die Angestellten der Enns-Kraftwerke, die der Steyr-Werke und anderer Betriebe sind -automatisch Klassenpatienten, einen Teil der Zusatzpräl'rlien zahlen sie selbst, einen Teil die Firmen. .Der leitende Arzt bekommt natürlich in diesen Fällen nicht das volle Honorar, aber auch ihm ist der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach. Auf der Strecke blieb auch bei dieser Scheinreform der Pensionist, der ·Arbeiter. Natürlich blieb es auch ihm freigestellt, eine Z~tzversjcherung abzusc1'tie,ß~n, aber zum ·. unterschied -von •fü~b .:An-: 1estellten half ihm niemand dabei.· Daher blieb er "Drittklasser' ': nüt allen Nachteilen. · Kind bekommt anderen Namen Nach Minister Leodolter soll nun die oritte Klasse wegfallen. Es soll ·nur mehr zwei 'Klassen geben. Vieles spricht dafür, daß die ganze Reform eine Papierreform sein wird. Denn der Unterschied zwischen der alten dritten und der neuen zweiten Klasse wird nur darin liegen, daß man die Bettenzahl in Räumen verringert, eine Tendenz, die schon seit Jahren bei Um- und Neubauten spürbar war. Die neue zweite Klasse wird na• türlich, -dem ASVG entsprechend, die Kapltallat uncl Astrologe .Seit Uber 50 Jahren prophezeien Sie den Untergang dieses Sterns, doch sein Licht leuchtet den V6tkern heller denn jel• Zeichnung: Prof. Beter-Red Klasse der Sozialversicherten sein. Und die Abteilungschefärzte werden von diesen natürlich keine Honorare bekommen. Die zahlen dann nur die Patienten erster KJa~se. ~o.mit wird dann also die zweite Klasse benachteiligt werden. Es wird vollbesetzte Abteilungen der zweiten Klasse geben, und Zimmer der ersten Klas_se werden frei ,sein. Dann werden Zusatzversicherungen für die erste Klasse abgeschlossen werden, Im ·Prinzip wird alles beim alten bleiben, nur die Ziffern haben sich geändert: die Benachteiligten heißen nicht mehr Klasse drei, sondern Klasse zwei, die Privilegiel'.• ten nicht mehr Klasse zwei, sondem Klasse eins. · Wobei mit Sic):lerheit festgestelli werden kann, daß es dem Sozialversicherten· ziemlich egal ist, ob er als 'Klasse drei oder Klasse zwei Im Spital abgewiesen und auf Bettensuche geschickt wird! Es gibt nur eine. Lösung Die Scheinlösung des Gesundhei~- ministeriums wird · gänzlich ad absurdum geführt, wenn man bedenkt, daß seit dem 1. Jänner 1973 die Verpflegskosten der dritten Kl~sse schon höher sind als die der zweiten Klasse am 31. Dezember 1972. Und diese Kosten zahlt der Mann auf der Straße teils als Mitglied der Sozialversicherung, die in den Spitälern die beste Kundschaft ist, teils als Steuerzahler, der mit seinen Schillingen zu den Spitalserhaltungskosten beiträgt. Es bleibt also alles beim alten: die Spitäler kosten viel Geld, Sozialversicherungen und Steuerzahler werden zur Kasse gebeten. Willkommene Patienten aber sind wieder ,nur die, die es sich leisten können, höhere Preise zu zahlen. Nicht nur in den sozialistischen Ländern, auch in Großbritannien und Schweden glbt es seit Jahren und Jahrzehnten einen staatlichen Gesundheitsdienst. .,Lösungen" dagegen, wie sie Minister Leodolter vorschweben, sind keine Lösungen, sie sind Halbheiten, dle am Kern des Problems vorbeigehen. Die Frage der Spitäler, ihre Erhaltung, ihr Ausbau kann letzten Endes nur ein staatlicher Gesundheitsdienst lösen. Amtsübergabe beim Kreisgericht Steyr Im vollbesetzten Saal des Kreisgerichtes Steyr fand kürzlich die Amtsübergabe statt. Kreisgerichtspräsident Dr. Josef Gröger; seit acht Jahren in diesem Amt und 40 Jahre im Dienst der Justiz tätig, trat in den Ruhestand. Sein Nachfolger ist Dr. Johann Christi, früher Bezirksrichter in Grünburg, in den letzten Jahren Senatsmitglied ~es Oberlandesgerichts.

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