Vorwärts Nr. 1, 6. Jahrgang, Jänner 1972

Diese bürgerliche. kapitalistische Demokratie funktioniert in Österreich mehr oder weniger „reibungslos". Dennoch erkennen heute viele Menschen, daß sich diese Demokratie in einer dauernden Krise befindet - wie die ganze kapitalistische Gesellschaftsordnung. Viele Menschen . wollen eine gerechtere, eine wirklich demokratische Ordnung, in der nicht eine für die Gesellschaft längst überflüssig gewordene parasitäre besitzende Klasse, •sondern die große Masse der alle Werte schaffenden arbei - tenden Menschen bestimmt. Dieser Wunsch nach einer Veränderung der Gesellschaftsordnung in Richtung auf eine sozialistische Entwicklung Österreichs hat viele arbeitende Menschen veranlaßt. sich zur Sozialistischen Partei zu bekennen. Aber die Sozialistische Partei kämpft ~ Du kannst auch links herum gehen . . . nicht ernstlich um den Sozialismus. Sie hat den Weg der Zusammenarbeit mit dem Bürgertum gewählt. Sie ist im wesentlichen eine verbürgerlichte, in das _bestehende System integrierte . Partei geworde_n. Wie die bürgerlichen Parteien hat sie den Antikommunismus zum Hauptinhalt ihrer Politik gemacht . Die SPÖ betreibt eine intensive Agitation gegen die sozialistischen Länder, in denen es gewiß auch Mängel gibt. Solche Mängel ergeben sich zum Großteil aus der Tatsache. daß die sozialistische Ordnung vor allem in Ländern errichtet wurde. die zur Zeit der sozialistischen Revolution in ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung weit hinter den kapitalistischen Industriestaaten Westeuropas zurückgeblieben waren. Militärische und politische Bedrohung. Unerfahrenheit der Arbeiterfunktionäre in den komplizierten Fragen der Führung und Verwaltung der Wirtschaft und des Staates. das ra - sante Tempo der wirtschaftlichen und der wissenschaftlich-technischen Entwicklung. all das führte dazu. daß in diesem oder jenem sozialistischen Land manche Probleme noch nicht ·befriedigend gelöst werden konnten, daß Fehler passieren und Deformationen. ja sogar ernste Konflikte eintreten konnten . All das kann jedoch keineswegs die großen Errungenschaften her-abmindern, die der Sozialismus den Völkern gebracht hat: Die Entmachtung des Kapitals. die Errichtung der Arbeitermacht _und einer Wirtschaftsordnung, die nicht privaten Profitinteressen, sondern der Allgemeinheit dient; ein durch die Planwirtschaft gesichertes hohes wirtschaftliches · Entwicklungstempo; die Abschaffung des Bildungsprivilegs der Besitzenden; gleiche Chancen und Aufstiegsmöglichkeiten für die Jugend; eine Bildungsexplosion, die in der Geschichte der Menschheit keine Parallele findet; die Gleichberechtigung der Frau; die kulturelle und politische Gleichberechtigung nationaler Minderheiten; absolute soziale Sicherheit für alle und ein sich ständig entwickelndes System der sozialistischen Demokratie. von den Betrieben und kleinsten Verwaltungseinheiten an bis zur Staatsspitze. Und nicht zuletzt hier · ist eine Kraft entstanden, die den Frieden verteidigt. Der Antikommunismus, den der deutsche Dichter Thomas Mann als die größte Torheit unserer .Zeit bezeichnet hat, ist die letzte„Weisheit" des sterbenden Kapitalismus. ·Er stand den größten Kriegsverbrechen Pate. die die ältere Generation erlebt hat. und steht den Kriegsverbrechen Pate. die wir heute - .i;um Beispiel in Vietnam - erleben. Hinter ihm verbirgt sich der Angriff des Kapitalismus und des Imperialismus gegen die arbeitenden Menschen in jedem Land und gegen die Freiheit der Völker . Darum muß er von allen, die Frieden und Fortschritt wollen. entschieden zurückgewiesen werden. Die Tatsache, daß heute ein großer Teil der Welt sozialistisch ist und hunderte Millionen Menschen in Erdteilen, die einst uneingeschränkt Objekte kolonialer Ausplünderung waren, unter dem Einfluß des Sozialismus in Bewegung geraten sind. lastet wie ein Alpdruck auf den Kapitalisten. Diese Tatsache wirkt äußerst positiv für · die arbeitenden Menschen in den kapitalistischen Ländern, denen die Soldschreiber und Soldredner des Kapitalismus we.ismachen wollen, daß die kapitalistische Ordnung die beste aller Ordnungen sei. Daß sie ' eine „von Gott gewollte" Ordnung sei, wagen sie nicht mehr zu behaupten. weil das selbst die katholische Kirche längst nicht mehr behauptet 1 Bei uns sprechen sie von einem „sozialen Wohlfahrtsstaat". Sie rechnen es sich als Verdienst an, daß es in Österreich ein ausgebautes System der sozialen Sicherheit gibt, daß Österreich einen beachtlichen wirtschaftlichen Aufschwung zu verzeichnen hat und daß es Institutionen der Arbeiter-

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