Vorwärts Nr. 3, 5. Jahrgang, April 1971

Genroes Gorse, . Abgeordneter der oaulli;;tischen UDR in der Französischen Nationalversammlung und ehemaliger ,'\.linis(er in den Regierungen Debre 1md Pompidou, hat in der großbürgerlichen- französischen Abendzeitung „Le ,Wonde" folgenden Artikel veröffentiich t: Die ga uHistische Diplomatie ist oft ger.en den Strom ~eschwommen und hat si ch gegen vorgefaßte Meinungen gewa ndt. Aber sie hat immer im höchsten Maße den Realitäten und Tatsachen Rechnung getragen. Es ist eine Tatsache, daß 05tdeutschland exist ie1·t. Es ist ein Land. das atm an Naturschützen ist. cias durch den Krieg zerschlagen unct durch die Abwandt:'rung vt1n Menschen geschwächt wurde. rlie ihm zunächst i;ein Regime . einbrachte. Es nimmt nur den 92. Platz in der Welt ein. was die Ausdehnung seines Territoriums betrifft'. und den 29. . Platz im Hinblkk auf die Bevölkerungs;,..ahl. Nun is t es aber die neunte Industriemacht de r Welt geworden. die .in zehn Monaten dieselbe P.roduktionskapazität hat w ie ga nz Deutschiand von 19:!6'. -Und \\'enn man unseren Experten Glauben :;chenken kann. so scheint diese Dyr:am ik nicht nachzulassen. · Vom politischen Standpunkt h.a t Ostdeut~chland seine Persönlichkeit. entwickelt, indem e$ den Beweis erbrad1te. daß d ie Sprachengemein- ;;d1aft nicht der Hauptträger der Nationalität ist : Ich brauche bier nicht zu sagen, was uns bei den .. roten Pre ußen" schockierend erscheint.. noch ein Wert.urtei.l über ein Regime :r.u fii\. len. das i;elbstverständlich seine Erfol11e und seine Sch\vächen hat. ?.:uminde~t mur. man a ber der DDFt das Verdien st zugcstehl' Tl . v iel getan .zu haben. um die Wurzeln des ·deutschen Militar.ismus ,rni;7.urotten und dl E' E ri nnerungen . des N;i;,:ismus zu ban nen. Ihren Führern ist es gelungen, l8 M illionen Deutsche davo n zu überzeugen, daß sie Hitler Wid erst..a n-d geleistet haben. Einer ihret· Führer. ein authentischer Wide r·st a nctskdmpfe-r, crkHirte mir: .,Die DDH hat a ll es au( ~m:i.alem. ölconomi.~chem und p r,litiscl1~rn Gebiet ·getan. damit n iem,1ls nwh1· f'i n T<rieg von d eu tschem Floden .<1u~gt>hen k;inn: ' · E, ist E' ine a ndere Talsacht', daß Frankreich und rlie non ein hci dt-rseitiges Inte1·esse daran haben. i·hre Beziehu n gen und ihren Warenaustc1usch zu ~ntw.:ckel n. Auf ökonomischem Ge biet i5t die 'DDR für Frankreich weder ei-ne Herausforderung noch ei.n Konk u rren t. Ihr Hauptpar tner ist zwar d ie Sowjet.- union und wird es auch für lange Z-eit bleiben. Aber der neue Plan, der besch lossen wur de, sieht eine bedeutende S t eiger-up.g des Warenaustausches vor. Hi er kann F ra nkreich einen ·beträchtl icher. Platz einnehmen. · Das gilt ebens0 für viele a ndere Gebiete. auf c!enen Ostdeutschlond Frankr 1e ich gegen über eine recht beachtliche Aufgesch losse nheit zeigt.. J<;h konnte wm Bei s pi el iestsiellen. wi e gn;Q das Interess!! d e r DDR für diP fra nzüs isch e Kultur ist. Es bedürfte nur \\'eniger .'\ ns tr en iung:m , um zu bewirken. d :1H die Beziehungen cler beiden l.iindl' r: eine bedeutende Entwicklunl! erfahren. Wir ·so llte n allerdings auch nicht di e i3ed e utung de r Hindernisse un tenchä 1zen : Sie beziehen sie., vor a llem auf d a s. \\'as man etwas unklar die westliche Sol idarität. und besnnders unser berechtigtes An lieg P. n nennt. unseren wichti gsten t>uropfüschen Partnt-r. niim- ! id 1 d ie Bunde,;repub:ik . schc.,nenci zu be ha nde ln . Ist die D·DR eine Messe wert f V~n Georges G o r s e , Abgeordneter der gaullistischen Partei UDR, ehemaliger Minister MIT BLICK VORAUS Die führenden Persönlichkeiten der DDH sind sich dessen n,llkommcn bewußt. S ie räumen ein. daß die Entwicklung der Bezieh ungen :r.wischen der DDH und _Frankreid1 ·weder· den gegenwärtigen Beziehungen noch d e n künf:igen Beziehungen dieser b~! iden Stnat<2n mit dritten Ländern schaden darf. Abe ,· sie machen aueh gelt.end. d uiJ ciit> Fl,·- ziehungen mit diesen dritten Staah-n nicht der Entwicld unr,: dl·r Bc:1.i(•h ungcn zw ischen der DDR und Frankrr·id1 schader. dür fen, Wl'llrt beide Seiten die:- als erstrebenswert ansehen. Wir müssen uns also frag,m . ob unsere Diplomatie in d il•se r Angelt•gi-nlwit nicht eine übergrnße Schüct111•rnl:dl an d e n Ta:.! lei,:t. Wir ,·ns ldwn ihn· -\"ni·- sichl und wir . ~dlUldt•n cll'r Bunricsrepublik, mit der wir durch Verträge · verbunden sind. Loyalität. Jeder weiß jedoch. daß sich die Dinge seit einem Jahr sehr entwickelt haben. Bes timmte Reisen Kanzler Brandts, verschiedene mehr oder weniger geheime Anlagen zum Vertrag zwiscl1en der BRD und de?· UdSSR, die stiilschweigendl:' ode1· au,; - drückliche Ane·rkennung de :· Grcnu,n der DDR und di e Tatsache, da1.; cli c Bundesrepublik nicht bec1nsprudwn kann , ganz Deutschland zu \ ' (•1·trPll"1, haben in bezug auf die Vertrüge (zw ischen Frankreich und d e r BRD, d . 1:1. l•ttl ,,renn auch k ei ne neue juristische Lag;c. so dorh zumindest eine politisd1 aufgt•· lockerte La!?e gescha[fen. Schliel1lich sehe ich auch nichts in dem. was über die letz_ten französisch-deu tschen Gl•· spräche veröffe ntlicht wurde. \\'US t'i11 neues El ement cr~eben könnt e . Mall 1,ann sicher sein. daß eine Ent\\'1ddun;.: unserer Bezieh ungen mit · dt•r DOil .keine rlei politische oder ökonomisc·luRepressalien zur Folge habt·n · win :. Vielleid1t käme es dui·ch sle zu einen, lobenswerten Wettstreit, denn unst•r Bündnis beinhaltet keineswegs die Ver• pf!ichtung, den \llestdeutschen . das Monopol der Handel s beziehungen mit der DDR und den Vorteil zu überlr,sse n, ab einzige d a s Spiel gegenüber dem Osten zu führen. · 1 ScMießlich erfordert eine realisti sche Haltung schr ittweises Vorgehen. Der erste Schr itt wäre oHensichtl(ch. den Handels- bl.\\'. lndustr iev-erlre tungen. die in Berlin und Paris bestehen . den ih nen fehlenden offiz. iellen St.atu.s zu gewähren . Es liige d3rin we~ie'l' etwas Außergewiihnl-iches noch Provolrnt oi ·lsches. denn · rlie BRD erkennt seit sieben J.nhren l•ine Handelsmi ssion dl• ;· DDR i n • Düs!ieldorf an. Nichts \ 'e1·lliet \'L uns auch, Korrespondenten von AFP in Bcl'li_n und von der o~tdeut.schcn Nach -• J"i chtenagentur ir:i Paris w akkreditieren. Welche Argumente -könnte man gegen die Einrichtung einE'r nffi1.iell c :1 p;iritäti.sd1en Kommiss.ion fü r d ie ilk o - nomisch e und wissenschafllich-technis~hP Zu~am-menarb<?it vorbrin·gen. oder g , gen den Abschluß eines Verkehrsabkommens oder .die Einr.ichtun~ e i ne:· d irekten Flugverbindung zwischen P,1ri ., und Ostberli n ? Das s'ind nur Vorschl iit~e. Man könnte dann die Ergebnisse d iesCl' ersten· Schritte. die keine unse rer Ve rpflichtungen verletzen, .einschätzen. bc-· vor. m a n das ganze Problem ern"'ut überprüft. Man sagt in Ostberlin gern, .. wPnn die DDR n icht existieren würde. hät : , - man sie eigens für Frankreich sch;;ff(•n müssen" . Es ist sichedich nulwencli :~. daß Frankreich · nich t d ie Zukun ft 1) ,,. lastet, es ist wichtig, daß es n it-mal s ,-;l·s Gegner einer ·eventuellen \Vi t'd l•rvereinigung Deutschlands in I-:rschd . nung tritt. Von da bis zu dem Wu n sch nach Wiedervereinigung gibt es einen gewissen ;,pielraum. Franc;uis l\faur iac s a g te . e i nmal: ., Ich liebe Deutschleine!. ich liebe es so sehr. da[J :eh "\Ücklich bin daß es -zwei davo;·, gibt: ' ·wil:! dem a_uch sei, d i"' I:: ,. ,- stenz de r DDR bietet den Vu :· t l·: !. di e Frage der Wiedervereinigung •. .. .. der Tagesordnung zu streichen . 1rn, .,:,. durch die .friedliche Koexisten z zu ., :· setzen. c.l ie <.las genaue Gegt'llli' i i 1~ , Schliefllich isl es offensid1tlid1 . da !: v, ke ine wirkliche europäische. Sidwrlwi, geben wird. wenn man nicht. dit> Gn· : , -· zen cle1' l'Uropäisehen Staalt'n a1w• · kennt, was früher oder spätPr dit·· l 1'- 1 „ stellung normnlet· lleziel1un~,·n ni i L clt- ,· DDH notwendig macht . E!; ist kldn Zt1 - fall. Wenn in diesem Lantl . das \ \ 1 ! ' nichl „a nerkennen" , das Parlament sein, Dezt>mberiagung damit eröf.fnctc. i!1c!e: n es dne Schweigeminute zum ,·hn•:idvn G edenken a n General d e GaullP ,, , , ,. legte. . De r Hcnlismus, den Pr::ink,.-,..id ,. ,, , ·· \ zw iilf ·Jahren gegenüber der S111•., •.i<· 1• uni on . China. Indochina und ,1,.,, , Nahen Osten bewiesen hat. muC ~i• ·:. auch hicl.' zeigen. Denn es h ;, ndl'lt ,-i , ·iin d('r Tat um einen ncuc,n l'rüfstvi :, für unsere Unnbhäni;iJ,!kdt. Der Ein~atz ist foli,!l'lltkr: E,-r, l'l a\ : ist zu gewinnen. und niehts ist r. u \' e:·- lienm . U n<l da jeder sich in s<·i 1w,,i l111wrst e n auch über den Aus:::an l,! cii ,·~•·, SPil langem eingeleitl'len l'r<,z<·ss,•s irn klaren i~t . W<lrum s11llt1, m ~, n ti,,,. ,... , \\':1 nen. t::ir~ :1ndt •r e un~ Üt"><·rh : 1i 1•: ; · , Die f)f) fl is t ei ne: :VTc•ss, , w,•rl .

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