Vorwärts Nr. 5, 4. Jahrgang, September 1970

Wahlrechtsreform: Gleiches Recht für jede Stimn1e Wieder einmal ist von einer Wahlrechtsreform die Rf,de. Nicht zurn erstenmal . 1963 ist die SPÖ mit einigen Reformverschlägen hervorgetreten. _Eine Wäh lrechtsreform war insbesondere a!s Kaufpreis für die Stimmen der FPO-Abgeord• neten gedacht und ist damals. wie längst bekannt ist. fix mit der FPÖ vereinbart gewesen. Sie hätte clamals mit den Stimmen der SPÖ uncl FPÖ auch geg1rn die ÖVP durchgesetzt ·werden können. Doch dann brnch die Olah - Krise aus. die Wahlrechtsreform fiel ins Wasser. Jetzt ist sirJ wieder auf der Tagesordnung . In seiner Regierungserklärung hat Bundeskanzler Dr . Kreisky eine Reform des Wahlrechts zugesagt. Er verwies auf das bP-stehende WAhl , inrecl1t. 'W wm Beispiel, dar.. die SPÖ mit demselben Stimmenanteil. mit dem die OVP 1966 die absolute Mehrheit im Nationalrat errang. im Jahre 1970 es nur zu einer knappen relativen Mehrheit im Nationalrat brachte. Dar~ andere Parteien noch viel schwerer benachteiligt sind. am sctiwefsten die KPÖ, lie(S Kreisky l rei lich unerwiihnt . immerh in: er sagte eine Reform zu. durch welche die Mandate n1öglichst genau nach dem Verhältnis der Stimmen auf die Parteien entfallen solle11. Das Innenministerium hat aleich drei V:,riar:t"n fi'ir e·1r11? Vllr1hlmchtsreform ausgearbeitet die sich in vielem.unterscheiden. einen Punkt aber gemein haben: närnii ch die berüchtigte 5-Prozent-Klausel nach dem Muster Westdeutschlands. durch die es kleineren Parteien. konkret in Österreich vor allem der KPÖ. weiterhin so schwer wie möglich gemacht werden soll. ins Parlament zu kommen. Die drei Entwürfe wurden jedoch wiederum zurückgezogen. und nun arbeitet das Innenrn iniste - riurn an einem vierten Entwurf. der noch im Sommer zur Begutachtung ausgesendet und noch heuer irri Parlament behandelt werden soll. Da dieser Entwurf noch rncht vorlieg t . kann er auch noch nicht beurteil t werden. Und nach all den Erfahr,ingen mit versprochenen und dann doch nicht erfolgten Wahlrechtsreformen läßt sich noch gar nicht sagen. ob es auch diesmal wiederum IJeim Manöver bleibt. Denn jede VVal1lrechtsreform würde die Cha.ncsn einer absoluten Mehrheit nicht nur für die ÖVP. sondern auch für die SPÖ für absehbare Zeit auf fast nichts schrumpfen lassen ; und es gibt auch in der SPÖ Vertreter der Auffassung, es lieber bei dem derzeitigen Wahlunrecht zu be lassen. · Die Wahlrechtsreform ist aber keine Sache für Tricks und Manöver. sondern eine e!..:mentare demokratische Forderung und eine Grundvoraussetzung jener Demokrn tisi erung aller Bereiche. die Dr. Kreisky als ein ,t,nliegen der SPÖ und seiner Reqierung bezeichnet hat. Eine echte Wahlrechtsreform kann aber nichts anderes heißen als gleiches Gewicht für jede Stimme. gleiche Chancen für jede Partei, ob groß oder klein. ohne jede Pr iv iiegierung und Diskriminierung und ohne jede einschränkende Klausel. Jede echte Wahirechtsreform mur.~ sic h mindestens diesem Ziel so weit wie mögiich niii1ern. iJiP Knmm, 1ni,ii~,-h.., r .1rtei. die seit Jahren einen Kampl 9eqen das Willil1.1nrecht 1uhn. höt schon vur langer Zeit konkrete Vorsch!i.i[le gemilcht, wie trotz des Widerstandes der ÖVP gegen eine verfassungsi.indernde Reform des Wahlrechts eine ~f\/ahl rectnsreform atJch 011ne \/erfassungsä nderung. also ohne die Stimmen der . OVP. durchgeführt werden könnte : \/ermii1derung der Zahl cler gegenwärtig 7~ W;ihlku,ise ;i,_1f nPun in , der ,'\n, daß iecles Bundesland ein Wnhl kreis ist . D2du1cll wurden die lleut,qen Unterschied f; in dfü 1ür ein Mandat notwendigen Stimmenzahl zwischen den einzelnen Wahlkreisen zwar nicht gänzlich beseit igt, aber erheblich vermindert. Und auch die für die Erring ung eines· Grundmandats uncl damit für die Vertretung im Parlament überhaupt notwendige Stimmenzahl würde bedeutend kleiner. so daß auch kleinere Parteien mit .A.ussicht auf Erfolg in die Wahlwerbung gehen könnten. Das Argument von den „verlorenen Stimmen". das ja kein politisches Argument ist. sondern faktisch die Wahl ein2.chränkt. wiirde stark an W;rkung verlieren. So würden etwa 26.000 bis 30.000 Stimmen in ~Jünz Wien für ein Grundmandat und damit für die parlamentarische Vertretung <'!usre ic t1en. während derzeit diese Stimmenzahl in einem einzigen Wahlkreis mit drei Bezirken aufgebracht werden muß. Eine solche Wahlrechtsreform würde eine echtere Wahl ermöglichen. würde auch kleineren Gruppierungen die Möglichkeit der Wahlbeteiligung eröffnen und die politische Palette des Parlaments bereichern. 1 das demokratische Leben in1.ensivieren. Man wird sehen. ob die erste SP-F-legierung Österreichs endlich die ärgsten Aus- 'NÜchse des Wahlunrechts beseitigt. Die Voraussetzungen sind gegeben. Es liegt in der Verantwortung der SPÖ. ihr Versprechen einer Wahlrect1tsreform auch einzuha lten . Was wäre ohne Osthandel? Wenn früher die Kommunisten, die Betriebs- und Arbeiterkammerräte der Gewerkschaftlichen Einheit verlangt haben, dem Handel mit den soztallstlschen Ländern müsse mehr Augenmerk ge• schenkt werden, dann hlefJ es von SPtf- und ÖVP-Selfe hßhnlsch: Dfe können Ja au~e, Powidl nichts liefern. Seither hoben sich die Zeiten gründlich geändert. Heute sichert der Osthandel in Oberösterre,ich bereits zehntausende Arbeitsplätze. Bei den Stickstoffwerken macht der Osfhcmdel 43 Prozent des Gesamlexportes aus, bei der Vöest rund 25 Prozent, Daneben sind noch Dutzende Betriebe mit wichtigen Lieferungen für . sozialistische Länder beschäftigt. ► Erst vor kurzem konnte die W.iest einen Auftrag für dle Lieferung der Ausrüstung eines chemischen Komblnaies in der DDR Obernehmen, der über eine Mffllarde Sehllllng Umfang hat. Bel der Abwicklung des Röhrengeschöftes mit der Sowjetunion hat die Vöest rund elnel„halb MIiiiarden Umw salz er1lett. Dabei heilte diese Summe noch bedeutend _grö~er sei" können, würde die Vöest 1elbst Ober ein eigener. Rohrwalzwerk verfügen. Von einem "PowidlgeschäW mit den sozialistischen Ländern kann also wahrhaftig keine Rede sein. Blamiert sind jene, die den Ausdruck immer gebraucht hoben, recht behalten haben die Kommunisten, die vom Anfang an· die Bedeutung des Osthandels für unsere Vollbeschäftigung richtig eingeschätzt hoben.

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