Vorwärts Nr. 3, 4. Jahrgang, April 1970

Vorschlag der DDR für einen „Vertrag über die Aufnahme gleichberechtigter Beziehu.ngen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland" VERTRAG über die Aufnahme gleid,berechtigter Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland ENTWURF Der Vorsitzende· des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik und der Prasident der Bundesrepublik Deutschland, geleitet von dem Bestreben, einen wirkungsvollen Beitrag zur Entspannung und zur Sicherung des Friedens in Europa zu leisten, die Spannungen zwischen den beiden deutschen Staaten schrittweise abzubauen, zwischen ihnen ein geregeltes Nebeneinonderleben und ein Verhältnis der guten Nachbarschaft als gleichberechtigte, souveröne Staaten herbeizuführen, die Schaffung eines Syst~rns der europöischen Sid,erheit zu fördern, haben beschlossen, . . ' einen Vertrag über die Aufnahme gleichb~rechtigter Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik ·und der Bundesrepublik Deutschland abzuschließen, und zu ihren Bevollmächtigten ernannt, der Vorsitzende des Staatsrates der De4tschen Demokratischen Republik: Herrn Willi Stoph, Vorsitzender des Ministerrates, .. Herrn Otto Winzer, Minister für Auswärtige Angelegenheiten, der Präsident der Bundesrepublik Deutsd,land: . Herrn Willy Brandt, Bundeskanzler, Herrn Walter Sd1eel, a·undesminister des Auswärtigen, die noch Austousd, ihrer !ri guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten über folgende Bestimmungen übereingekommen ·sind: Artikel 1 Die Hohen ve;tragschließenden Seiten vereinbaren die Aufnahme normaler gleichberechtigter Beziehungen, frei von jeder Diskrirn ln lerung, zw1sche!1 der Deutsd1en Demokratischen Republik und der Bundesrepu-• b!ik Deutschlcnd auf der Grundlcge der allgemein anerkannten PrinziZwischen Erfurt und Kassel Bis zum letzten Moment hatte ·es geheißen, das Treffen der Vertreter der beiden deutschen Staaten, Bundeskanzler Willy Brandt - Ministerpräsident Willi S t o p h , werde nicht stattfinden können;. Doch das Treffen hat stattgefunden. Diesem .Treffen in Erfurt 1 auf de111 Boden der DDR, folgt demnächst ein zweites Treffen auf dem Boden der BRD in Kassel. Der größte Teil der österreichischen Presse, vor allem der 1·1 Rundfunk und das Fernsehen, stellt fast täglich in Meldungen und Kommentaren die Sache so hin, als ob diese Zusammenkünfte der Regierungschefs der beiden , deutschen Staaten nutzlos, ja sogar gefährlich wären, daß sie zu keiner Lösung des deutschen Problems führen können. Unter Lösung des deutschen Problems verstehen sie faktisch die Liquidierung der DDR und ihre Einglieder-ung in die BRD, also die Bildung eines neuen lt Großdeutschland". Das ist wirk- · lieh unmöglich! Doch ist es au c h nicht wirklich die Lösung d e s deutschen Problems. Das deutsche Problem von heute besteht nicht in der sogenannten Wiedervereinigung, sondern darin, daß innerhalb einer einzigen Generation zwei Weltkriege von Deutsch - land ausgelöst worden sind, die die Völker mit ungeheuren Opfern bezahlen mußten. Zu verhindern, daß ein dritter \Veltkrieg von Deuts.chland seinen Aus-• gang nimmt - das ist das deutsch e Problem· von heute. Das Ergebni s des zweiten Weltkriegs war die Ni e -

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