Vorwärts Nr. 4, 3. Jahrgang, August 1969

Das Grµndsatzhekenntnis der neofaschistischen Schlägergarden Es war gewiß- kein Zufal~ daß sich die neofaschistische Partei in ihrer Gründungsversammlung im Februar 1967 NDP nannte: Einerseits wollte sie -bewußt an ihr westdeutsches Vorbild - NPD - - ar.klingen; ·Rndererseits-aber a-ucrh .an .die . '. bra[ine- Rartei•>der,Vergangenheit;'·an -.ctie NSDAP - nur zwei Buchstaben, SA, fehlten. Inzwischen ist jedoch auch die SA in Form von Schlägergarden entstanden, die bei jeder NDP-Provokation sichtbar in Erscheinung und in Aktion treten. Die Schlägergarden, genannt „Saal- ~chutz ", haben für dif! NDP die gleiche Becl.eut1,1.og,. .wi.e. SA urui,.55. .seinerzeit für die NSDAP. Si e _sind der Kern , die „Elite". Das kommt schon äußerlich zum Ausdruck. Ihren braunen Vorbildern ähnlich, präsentieren sie sich in schwarzen Hosen, weißen Hemden, roten Armbinden mit Parteie-mblem - und Schlagringen und Schlagstöcken, denn bewaffnet sind sie stets. Wenn die schlagenden geistigen· Argumente fehlen, spielen die Schlagringargumente eben eine um so größere Rolle. Die NDP - oder wie sie mit ih rem vollen Namen heißt: Nationaldemokratische Partei - ist ein Sammelsurium der verschiedensten extrem rechtsstehenden Gruppen und Grüppchen. Zugleich ist s,e ein Sammelbecken für alte Nazi und Neonazi, für alte Pg und politisch un erfahrene junge Leute, denen der militä- :ische Klamau_k der Schlägergarden imponiert, für rad ikale Deutschna-t iona :e unzufriedene FPÖler und Rassenschützer' Militaristen, ehemalige SS!er und Sol~ d~tenbündler. Verhältn ismäßig groß ist die Zahl der Bombenwe rfer und Spren°- sto ffattentäter. Hatten diese bisher ihr Ha~ptbetätigungsfeld in Südtirol und in ltalten, aber auch an der Berliner Mauer, so glauben sie nun, ihre Zeit sei gekommen, um in der österreichi schen Innenpolitik mehr mitmischen 7ll können. Nicht' nur ihr oberster Chef Norbert Burger kommt von dieser Branche ... RECHTSAUSSEN Die NDP steht in scharfer Konkurrenz mit der FPÖ. ·was nicht verwunderlich ist, wenden sich doch beide Parteien an die gl1:?ichen politischen Schichten_. Im Gegematz 7.ur FP_ö, die sich als liberai unrl Partei der Mitte zu geben belie!it, betont die NDP ihren kon~ervativen · Charakter ,, Die NDP ist keine liberale · l'arrei: ~ondern eine konservative, ,ie ist f<ei ne P-~_rte1 der Mitte, sondern bekennt sich oHen als Rechtspartei", definiert Bu~er seine NDP, wobei er aber wen ig ong1nell 1st, denn genau dasselbe sagt d,e westdeutsche NPD von sich· er u 1 nterstreich(_ damit nur erneut, daß• die NDP der osterreichische /,ble~er von Thaddens NPD is t. Die NDP will be- ';•ußt im rechtsextremiHischen und ocutsch-chauvinistischen la"er der Rechtsaußen sein. .--. · 10 PUNKTE Das spiegelt sic!t auch deutlich irn ,,Grundsatzbekenntnis" der NDP wider. ',Vohl legt sich darin die Partei noch ei ne gewisse Zurückhaltung auf, spricht manches nicht so offen aus, wie sie es eigentlich gerne möchte, dennoch l,.ssen sich die braunen Ahnen nicht verleugnen. Mit keinem \/\'ort distanz iert sie sir.h von de r NSDAP "u1 \d den furchtbaren · Verbrechen des _- ,dritten Rdthes":'·'01Jas-' '-',;Gre/1~·d ;iltfüeff~hh tn-fri'' · gliedert" sich i'n ·zehn Pun!<te, die „"unveränderlich sein und bleiben soll en", und von denen eine Kurzfassun l( sowie ein auf 16 Seiten ausgewalztes Elaborat vorliegt. Es wurde vom „obersten Führer" und Chefideologen der NDP, Norbert Burger; · persönlich entworfen wofür auch def für' -·ihn kennzeich~ nende schwulstige Stil. zeugt. Wie seinerzeit die Nazipartei in ihrer Propaganda -behauplete; das Nationale mit dem Sozialismus vereinen zu wollen so möchte die NDP das . giekhe mit de; Nation und der Demokrat;e tun, wobei die angeführten Argumente ·den.en· des rassistischen Ideologen Rosenberg frappant ähnlich sind. Die Nation wird deklamiert,_ ist „die gottgewollte: durch Sprache und Geschichte zusammengewachsene naturbe,timmte menschliche Gemeinschaft" . Die Geschichts- und Weltauffassung wollen die NDP!er nach den Erkenntni~sen ,, der · Biologie und Erblehre" formen, wie überhaupt die ,, Erbanlagen '' eine große--Rol-le spielen und der „Wi lle zur A~terhal tung" besonders hervorgehoben wird. ,,GESAMTDEUTSCHTUM" UND „ORDNUNGSALLIANZ" Selbstverständlich wird Österreich in diesem „Grundsatzbekenntnis" ais deutscher Staat definiert, werden die Österreicher z~m deutschen Volk gezähit und r!chtet ~-,eh die Politik der NDP auf die Lebens inte res-sen des gesamten ci'~ut. sehen Volkes" au6. Begründet wi rd dies damit, daß die Staa:ssprache in Osterreich Deutsch sei, womit folglich die Amerikaner Engländer, di e Völker Lateinamerikas Sp2-nier oder Portuaiesen ,ein müRten, denn deren Staatsspra~'ie ist Englisch, Spanisch oder Portugiesisch •- kann noch clr;ist :scher die ganze Argun,entat:on der NDP ad absurdum ge• fuhrt werden? Von einer „ös terre ichi - schen Nation" wollen die B-ur_ger-'leute überhaupt nichts wissen; diese sei einfach eine „Lüge'', oiine dies auch n·ur · oberflächlich · be,veisen zu können. Aus dem „Gesamtdeutschtum" heraus müßten deshalb nach Ansicht der NDP „k•Jlture lle /lnliegen, VerbreihmR der deutschen Sprache, Stütz-ung des· Ausland>dcc;tschtums usw. im gesamtdeut- .schen Zusammenwirken wahr"enommen ,verden~'. t> Trotz dem nationalen Bekenntnis zum ,,~t.':samtdel:t.schtum" tritt gleichzeitig d:_c ND? rur den ,.Zusamme-nschluß'' europäischer Völker" ein, wie dies auch die Hitler-Partei tat urld was zu~-den Haup!~rogrammpun_kten der SS gehörte (naturltch unter Führung Gro(M:leutschlands). Dies"e „europäische . Ordnu,nos. alli.rnz". sei - laut NDP - .ein Ziel g~~ 6Ch1chtltchen Ranges!' und _zur NArte~ha:tung"_ notwendig, um so mehr. _als die ~ahlre1chen großen Deutschen - die ,,zwischen Etsch -urid Belt, zwischen Maag und Memel" - -vom Antlitz Europas nicht wegzudenken seien. ,,Wir als ihre Nachfahren•, also die ND Pier sollen heute ·dazu · aufgeru.fen sein, 'di'eses Werk fortzusetzen.# FÜR DtE 11VOLKSGEMEINSCHAfTH Obwohl · an einer Stelle der Grundsatzerklärung - allerdings ·sehr sanft - gegen die „Plutokraten" (bekanntlich ein Lieblingsausdruck von Hitler und G~~bbels) losgezogen wird, wird gleichzc1t1g den Unternehmern versichert, die ND!' sehe in ihnen keine Ausbeuter. Vielmehr werde ihnen Hfreie EntfaltungH und .Schutz des rechtmäßig e!- worbenen Eigentum," als „Treue- und Fürsorgepflicht" gegenüber den Be- . tr-iebsangehörigen zugesagt, denn zum m~dernen Wirtschaften gehöre der „Einsatz des Kapitals". Die NDP lehnt ~~Tl „volkszerstörerischen Klassenkampf in Jeder Form ab", wird allen ähnlich !dingenden marxi stischen Vokabeln mit ,, überzeugter leidenscnaft• entoegentreten und eine „Umgestaltung der als Erbe der ersten Nachkriegszeit noch bestehenden Mamniutstaatsbetriebe" betreiben. Sie verficht in der Wirtschaft den „Grundsatz der Partnerschaft• · und beken~t sie~ zur „sozialen Volksgemein-. schaft - e111 Ausdruck, der sich ebenfalls im .dritten Reich" größter Beliebtheit erfreute. Schlie_ßlich _- . Punkt 10 - legt die NDP ein _ fe1erl1ches Bekenntnis zum ,,Wehrdienst als Ehrendienst für Heimat : u~d Volk" ab, wie dies „Soldaten, derenVater Narvik und Kreta erkämpft und gehalten haben ", geziemt. Die·Erhaltung der „Wehrbereitschaft" -ist Ziel nationald~mokratischer Wehrpolitik, und dazu wird ?~for~ert, daß „den Lügen und Gesch,cntsfalschungen über den deutschen _Soldaten des zweiten Weltkrieges entschieden entgegengetreten wird und unser.e Jugend e in wahres Geschichts- · bild über die Geschehnisse in diese~ Jahrhundert erhält• - nämlich ein Geschichtsbild, wie es dem deutschen Imperialismus entspricht. · WIE LANGE NOCH? Noch ist die NDP eine MiniminiP?rtei, _aber: ,.\Nir wollen eines _Tages dte starkste Partei werden", orakelte NDP-,,Führcr" Burger in einer Versammlung im Gra!er Minoritensaal. Um dies zu erreichen, wird jetzt eine Provokation nach der anderen gestartet. Diesem Ziel dient auch die von der NDP für den 6. September nach Krems einberufene .Butidesversam·mlung", die mit einer ,, öffentlichen Kundgebung" ge~ ·koppelt werden ·soll. Unbegreiflich und unver?.ntwortlich ist, daß das Innenmini sterium und die ihm unterstellten Behörden dem NDP-Treiben. tatenlos zusehen, nicht wr.nige NDP-Provokationen sind sogar . nur unter dem Schutz der Polizei möglich. Wie lange noch wollen sie solche Provokationen gestatten?

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