Vorwärts Nr. 4, 2. Jahrgang, Juni 1968

Teuerungsautomatik gegen die Alten Steyr erhöhte Altersheimgebühren - Nur die Kommunisten dagegen . Die . letzte Sitzung des Gemeinderates stand im Zeichen ei,ie~ schwere·n. Anschlages gegen die Alten im Altersheim.· Unter der ha rmlosen i3ezeichnung „Regulierung der Altersheimgebühren " wurde eine Erhöhung beantr;igt, die teilweise 50 Prozent beträgt. Außerdem wurde eine Teuerung,- aulomatik eingeführt, d.is heißt , da(~ b1:• jeder Erhöhung der Pensionen auch die Gehühren im Altersheim erhöht we rden . Dieser Anschlag war offenbar se lbst den hartgesottensten Koali f ohsprakti ke rn peinlich, denn es fand sich niemand von SP.0 und OVP, der diese Erhöhung verteidigt hätte: Nur bei der Abstirnmu,1)1 klappte alles, und die Belastung der alten Menschen wurde mit al.len gegen die Stimme des kommunistischen Ve'- treters Gemeinderat Gusli Moser beschlossen. Beteuerungen und Wirklichkeit Gemeinderat Moser erinnerte dar.in, daß dieselben Alten, denen man nu;-i eine unerhörte Preiserhöhung diktiert, in jahrzehntelanger Arbeit als Bürger der Stadt mitgeholien haben, das inoder:1e Altersheim zu bauen. Die Gemeinden müssen • sparen, aber nicht bei Sozialleistungen . Er zeigte den Gemeinderäten der Mehrheit~iraktion, daß die ·Erhöl:iung der Gebühren, die Teuerung,- automat ik, im Gegensatz· zu den offiziellen Beteuerungen der SPÖ steht. • ,. Wie kann eine Parte i, die noch vor wenigen Tage_n, .im ·1. ,\1ai , gegen d ie Teuenn:igswelle der Regierung pro!esti'erte, jetzt im eigenen Wirkungsbereich dieselbe n Maßnahmen treffen, die sie zuerst mit vollem Recht kritisiert hat_?", fragte Gemeinderat ,\1oser die Gemeinderäte, tin Hauptargument der Befürwor,er der Teüe rung ist die Tatsache, daß manche Insassen des Altersheimes Ersparnisse haben, daß sie mit ihren Renten ihre Kinder unterstützen . Gemeinderat Moser sagte dazu: ,,Wenn die Alten ihren Kindern· unter die Arme greifen, dann ist das ihre persön.liche Sache. Die Ersparnisse gehören ihnen, kein Magistrat hat das Recht , den Pensionisten davon etwas zu nehmen. " Gemeinderat Moser prangerte die arbeiterfeindliche Politik der Regierung an, die gerade den Industriestädten das Arbeiten immer schwerer · macht. Er forderte zum Kampf ~egen diese Politik auf , verwahrte .sich aber dagegen, daß eine sozialistisch geführte Stadt wie Steyr den Weg des geringsten Widers tands wählt und die La sten auf die Alten abwälzt, die ihrerseits keine Möglichkeiten der Abgeltung haben. Kantinenpreise erhöht Die Direktion der Steyr-Werke legte dem Betriebsrat einen Entwuri vor, .mch dem die Preise des Ka n tinenessens um fast 20 Prozent(!) erhöht werden sollen. Auch hier hätte e .s kei ne Debatte gegeben, wenn nicht der Sprecher de r Gewerkschaftlichen Einhei t, Gusli M~- .scher„ entschieden gegen die neue•'· liehe Belastung der Kollegenschaft aufgetr€ten wäre. Kollege Ma,cher - er ist se it mehr als einem Jahrzehn t Mitglied des Zentralvorstand, der Meta-II. und Bergarbei1e rgewerks chait und Arbeiterkammerrat - zeixt an HJ nd von Tatsachen die wJhre Lage: Bis 1957 hat es im Werk keinen ' Zuschµß zu den L_e hensmittelpreisen gegeben. Erst nach Uberhandnehmen der Teuerung konnte der inzwischen pensionierte Kantinenchef Firmenzuschläge von elf Groschen bis 1.50 Schilling pro Mahizeit erreichen. Nach seinem Abgang sank der Firmenzuschuß auf lächerliche fünf (!) Groschen. Nun erklärt sich die Firma großzügig bereit, 40 Groschen pro Mahlzeit zuzuschießen, aber nur dann, wenn die Kollegen die saftige· Preiss erhöhung schlucken. Sollte die Gewerkschaft auf Grund der Preiserhöhungen Lohnerhöhungen err"eichen, so . verlangt auch die Werkdirektion automatisch eine „Neu regelung" der Kantinenpreise. Also wieder eine Teuerungsautomat ik . · • Wie ihre Kollegen in der Gemeindestube, so stimmten auch in der Betriebsratssitzu ng die Vertreter der SPO und der ·OVP für die' 20prpzentige Preiserhöhung \Jnd für die Teuerungsautomatik. Nur Betriebsrat Gustl Mascher stimmte dagegen. Bundespräsident Jonos wird Ehrenbürger Einstimmig beschloK der Steyrer Geme inderat , Bundespräsident Dr. h . c. Franz Jonas die Ehrenbürgerwürde der Stadt Zll verleihen. Die Ernennungsurkunde wird dem Bundespräsidenten voraussichtlich Samstag, den 29. Juni , anlälWch· der feierlichen Eröffnung der neuen Taborschule überreich.t werden, _ ?r~t P.rozen·t Teuerung als: :Richtschnur.!. . ; F_(nanzrninister .Dr. Koren: sagte im Gesprach :mlt den ·Journalisten, · daß nach seiner: ~einung: (ür . das h!!udge Jahr e1_ne Teu!!rungsrate . von iweieinha1b bis drei · Prozent zu erwarten sei :-, . . D_em .steht -die Feststellung -d~s \virtschaftsbeirates ·. gegenüber · . daß eme jährl_iche T1werungsraie . v~n ··. mehr als zw7_1, Pro_;ent - noch · dazu in ~iner Periode · ·weitgehender . industrieller Stagnation] - .vot~swirt,sch.;ftlich bere;ts als bedenkliclr ,;ingesehen werden muß. GE~verlangt ·Maßnahmen gegen die·verfehlte Wirtschaftspolitik Vollver~ammlung der oberösterreichischen Abeiterkammer Mit der verfehlten Wirtschaftspolitik der Regierung;- der. Laxheit der Gewerk- . schaftsführung ·und dem Tätigkeitsbericht des Präsidenten Schmid! setzten sich in der Vollversammlung der Oberösterreichi.schen Arbeiterkammer die Vertreter ' der Fraktion der ·Gewerksch.aftli.chen Einh_eit auseinander. Sie .betonten, daß, papierene Resoiutionen allein nichts fruchten, wenn in der Praxis nicht - auf deren Durchführung gedrängt wird. Mascher ·(Steyr-Werke) ging auf die drohenden Belastungen der Arbeiter, Angestellten und Pensionisten ein. Nach der Brot- und der Milchpreiserhöhung kommt die zehnpro.zentige Hlnaufsetzung der Lohnsteuer sowie die Einführung einer Steuer auf ·Personenkraftwagen. . Diese Politik , versetze die ·Arbeiterschaft. in Unruhe. ·die mit Recht über diese neuen las ten emj"JÖrt ist. Es sei die Aufgabe der Gewerkschaft, die Arbeiter und Angestellten zum Widerstand aufzurufen und von Resolutionen endlich zu aktiven Abwehrmal~nahmen überzugehen. Holzinger (Bundesbahne11) nahm · de n OVP-Plan einer Kom·merzialisierung · der B_undesbahnen unter die Lupe. , Die Eisenbahner würden in .die Kaiserzeit zurückversetzt, sie würden ihre sozialen Errungenschaften etappenweise verli eren. An die SP~Fraktion gewandt, sagte Holzi11gcr, man dürfe nicht bis zu de11 Wahlen 1970 warten, sondern müss'" jetzt zu .J<amp:rnaßna hmen übergehen, um das Argste zu verhindern ·. Kührer (Vöest), forderte den Ausbau der Finalindustrie in den. verstaatlichten Betrieben. . Ellinger (Solvay, Ebensee) verlangte die Schaffung neuer Produktiormtätten im Salzkammergut, da de ( Fremden- - verkehr aliein kein echter Beitrag zur Sicherung der Arbeitsplätze sei. . Frakti?nsführer Moser (S(eyr) befaßte srch mit den ÖVP-Angriffen aUf die Sozialversicherung. Di e Unternehmer wollen d_ie Verschlechterung des ASVG, und .es . sei die Pflicht aller .Kammerräte, die zugleich Abgeordnete im Nationalrat sind, gegen alle diese · Verschle-i:hterUiigen Sfel!ung zu nehmen. · Der vorgelegten Resolution, die . unter anderem feststellt, daß die kommenden Belastungen und Steuererhöhungen eine weitere Schwächung der Massenkaufkraft bedeuten, gab Moser namens de r Gewerkschaftlichen Einl1eit · d ie Zustimmung. : Die Fraktion der christllchen Gewerkschafter (ÖAA3) s timmte · mit der Begründung dagegen, daß sich die Res?lution gegen die : ÖVP0Regierung rrch te. Oie Vollve~sam_mluri~ '. .· d·er Arbeiterkammer .fand erstmals im neuen Volksheim in Perit im Mü_hlvie_rtel statt.

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