Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 37, Juni 1986

Einleitung I m Jahre 1 983 entstand im Steyrer Stadttei l Münichholz ein Arbeitskreis, der sich mit der Aufarbeitung der Geschichte des Stadtteiles beschäftigt. Hauptziel dieser Arbeit soll es sein, ein Modell der Stadttei lbelebung und Stadtteilarbeit zu entwickeln, das auch auf andere regionale Bereiche anwendbar ist. Dieser Versuch soll aber nicht auf längst vergangene abgeschlossene Zeiten besch ränkt bleiben, sondern sol l alle gegenwärtigen Problembereiche des gesellschaftlichen Lebens umg renzen und von mögl i chst vielen Seiten mit unterschiedlichen Methoden darstel len. Geschichte erfül lt dabei keinen Selbstzweck (reine Ch ronologie, Verg raben in tiefste Vergangenheit, schwä rmerische Nostalgie), sondern ist eine k ritische Ausei nandersetzung mit wichtigen Problembereichen und ihrer Entwicklung. Notwendig ist es zu wissen, daß Münichholz (ca. 8000 Einwohner) eine äußerst homogene Struktur aufweist. Der Pensionistenanteil - Leute, die meistens schon mehr als 20 bis 30 Jah re in diesem Stadtteil wohnen - ist ausgesprochen hoch. M indestens d rei Viertel der Münichholzer sind Werksangehörige oder Werkspensionisten der Steyr-Daimler-Puch AG. Dies bewi rkt, daß in Münichholz keine Elite, keine Honoratioren vorhanden sind, die das Bild der Geschichte entscheidend prägen konnten. Dadurch waren aber auch kaum Aufzeichnungen über die Geschichte des Stadtteiles vorhanden. 1 ) Die Geschichte der a rbeitenden Menschen in einem eng begrenzten regionalen Raum zu erforschen, muß folgende Themen ebenso berücksichtigen : Analyse der Entstehungsbedingungen eines regionalen Raumes Sicherheit des Arbeitsplatzes, Lohn- und Preisentwicklung Wohn- und Mietzinsfragen 1 nfrastruktu relle Probleme Das politische Leben Kirche und Arbeiterbewegung Freizeitverhalten etc. Die vielfältige Fragestellung verlangt aber auch eine Erweiterung der Forschungsmethoden. Neben der klassischen historischen Methode der Geschichtsschreibung, dem Quellenstudium, sind gerade in einem so j ungen Stadtteil wie Münichholz für die Fragen des Alltag lebens durch die mündliche Gesch ichtsüberl ieferung (Oral History) entscheidende H i lfen geboten, besonders dann, wenn keinerlei Aufzeichnungen vorhanden sind. Aber gerade das brachte den erwarteten Bezug zur Bevölkerung und überschritt die ansonsten so statisch wi rkende Geschichtsforschung. Gleichzeitig wurden Brücken zu den gegenwärtigen Problemen des Stadtteiles gesch lagen . Neben den objektiven und subjektiven Methoden der Gesch i chtsforschung sind es aber vor allem empirische sozialwissenschaftliche Methoden, die in einem Bereich, der »die naturale Zeit einer Generation, die in der gespeicherten Lebenserfah rung des Einzelnen und seiner Altersgruppe verfügbar und dem Gedächtnis mehr oder m inder präsent bleibt«, notwendig sind, um die gewonnenen Erkenntnisse verallgemeinern zu können. 2 ) 7

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