Ein bitteres Kapitel in der Geschichte von Münichholz war die Deportation der Buchenlanddeutschen. Kaum hatten sie in Münichholz eine neue Heimat gefunden, wurde bekannt, daß sie Richtung Osten weg mußten. Die Situation Anfang Juni 1 945 schilderte Pater Meindl • »Gestern (4. Juni) war noch ein orthodoxer Mann (Pioronowski) gekommen, händeringend hatte er mich gebeten , ich möge mich bei den Russen verwenden. Ich konnte es nicht, ich hatte es erfahren, es war unabwendbar. Er ging dann in die Kapelle vors Allerheil igste h inaus, warf sich nieder und begann sich auszuweinen ; ich mußte weggehen . . . Ich begleitete sie auf den Bahnhof, um zehn U h r setzte sich der Zug in Bewegung, ich ging von einem Waggon zum anderen. Mit vollen Händen warfen sie mir das Geld h i n um hl. Messen und zum Ki rchenbau . Ich mußte am Schluß viel weinen. Ein paar Tage darauf kamen die letzten fort. Ich fuhr auch mit denen ein Stück mit . . . Einige sol len in Siebenbürgen angesiedelt worden sein, andere in der Bukowina, andere sollen nach Asien ( U ral) gekommen sein. Familien, von denen ein Teil noch drüber der Enns sich aufhielt, wurden rücksichtslos zerrissen. Wieviel Männer kamen nach und nach vom Krieg zurück, hatten sich auf die Familien gefreut, und diese waren verschleppt. Von den Verschleppten sind fast keine Nach richten zurückgekommen.«3 0 ) Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Steyr-Ost fand sich i m Juli zu einer Arbeitssitzung zusammen, in der auch die ,Ausländerfrage' behandelt wurde. Aufg rund der prekären Ernährungslage wu rde der Beschluß gefaßt, daß eine genaue Ü berprüfung der Einwohnerschaft, insbesondere aber der Ausländer und Zugereisten, vorzunehmen sei. »Fest steht, daß es bei der derzeitigen Ernährungslage u nerträglich ist, eine g rößere Anzahl von Ausländern in unserer Stadtgemeinde zu verköstigen. Sofern nicht der Abtransport dieser Personen erfolgen kann, wird ausnahmslos die Lagerverpflegung erfolgen müssen«, heißt es im Steyrer Wochenblatt.31) Am 28. Juli 1 945 zogen sich aufg rund der Vereinbarungen mit den Amerikanern die sowjetischen Besatzungstruppen an die Landesg renze in der Nähe des Bahnhofes Ramingdorf zurück. Steyr-Ost wu rde von den Amerikanern besetzt, die Trennung der Stadt i n zwei Teile hatte aufgehört, eine gemeinsame Stadtverwaltung wurde errichteJ.32) Zwar verbesserte sich unter den , reichen' Amerikanern die Ernährungslage in Münichholz, das ,Organisieren von Nahrungsmitteln' zählte aber immer noch zum Hauptproblem für die Bewohner. Als bevorzugtes Gebiet zur Nahrungsmittelbeschaffung dienten die Bauernhöfe in der Umgebung (Wachtberg). Obwohl verboten , florierte nach wie vor der Schleichhandel. Die Zahl der Flüchtlinge war weiters ausgesprochen hoch. Mit Ende September mußten alle zwei Wochen die Schüler nach Flüchtlingen und Bodenständigen gemeldet werden. Am 20. September 1 945 wurden von 446 Schülern 350 Bodenständige und 96 Flüchtlinge gemeldet.33) Die e rsten freien Wahlen nach elf Jahren Diktatur am 25. November 1 945 zeigten in Münichholz folgendes Bild• 83
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