Steyr-Ost, das, wie die andere Stadthälfte bisher verwaltungsmäßig zu Oberösterreich gehörte, unterstand nun in Belangen der Verwaltung als selbständige Hauptmannschaft der n iederösterreichischen Landesregierung. 23) Eines der g rößten Probleme ergab sich in Steyr-Ost mit der Betreuung der Kranken und Verletzten, da nicht einmal Schwerkranken oder schwerverwundeten Soldaten der Transport ins im Westen der Stadt gelegene Landeskrankenhaus erlaubt war. Das nächstgelegene Spital war in Amstetten und war zudem überbelegt. U nter schwierigsten Bedingungen wu rde daher in Münichholz in der Punzerstraße 47 ein provisorisches Krankenhaus unter der Leitung von Franz H ilber errichtel. 24) Als erste I nformationsquelle nach der wiedererstandenen Freiheit diente eine eigene Wochenzeitung für den Bereich Steyr-Ost. Das ,Steyrer Wochenblatt' , Organ der antifaschistischen Bevölkerung von Steyr und Umgebung, rechts der Enns, erschien mit H ilfe und in Zusammenarbeit mit der sowjetischen Besatzungsmacht vom 1 . Juni 1 945 bis M itte August 1 945. 2 5) Als Chefredakteu r diente Nik R iedmüller, ein j unger Journalist, der jahrelang im Konzentrationslager Dachau und zuletzt im KZ Steyr-Münichholz geschmachtet hatte.26) Ebenso fehlte es in Steyr an einem Theater oder Kino, als Formen unzensu rierter I nformation und Aufklärung, als auch zur Unterhaltung und Ablenkung. I n langwierigen Verhandlungen mit der US-Besatzungsmacht erreichte Rudolf Binderberger, der Kinobesitzer von Garsten, daß er seine Vorführgeräte über die Enns bringen du rfte. In der Halle des ehemaligen »Deutschen Tu rnvereines« entstand das sogenannte »OstKino«. Ü ber Wunsch der sowjetischen Besatzungsmacht nahmen Schauspieler des Steyrer Stadttheaters, verstärkt du rch Wiener Kollegen unter der Leitung von Gottfried Treuberger-Zablondil und Trude Lorek, als erste stehende Bühne des Landes im Jahre 1 945 den Spielbetrieb auf. Das sogenannte , Neue Theater' im Ostkino begann bei Petroleumlampen und Kerzen am 22. Juni 1 945 die Spielsaison mit Schnitzler, l bsen und einigen Operetten und Lustspielen. Am 1 5. September setzte das Ensemble den Spielbetrieb im alten Stadttheater (Berggasse) fort. 2 7) Wie bereits erwähnt, war die Wohnungsnot in beiden Stadtteilen äußerst g roß. Schulen, Lagerbaracken, Gasthöfe, Scheunen und Bauernhöfe wurden als Massenquartiere herangezogen. Zudem kamen noch eine g roße Anzahl von Wohnungsbeschlagnahmungen, speziell in Mün ichholz, da i n den Augen der Besatzungsmacht die WAG als Besitzer eine nazistische Einrichtung war. Die Zahl der beschlagnahmten Wohnungen, Geschäftslokale und Garagen betrug bei allen WAG-Wohnungen in Österreich im Jahre 1 945 bis zu 1 .500 Einheiten. 2B) So mußten im ersten Bauabschnitt Wohnungen im Bereich der Ahrer- und Puschmannstraße von der Bevölkerung geräumt werden und wu rden j üdischen Familien zur Verfügung gestel ll.29) Die delogierten Bewohner wu rden teilweise in Ersatzwohnungen von ehemaligen Nationalsozialisten untergebracht. Natü rlich ließ sich der Zorn nach dem Ende des Krieges an den ,Stützen des ehemaligen Systems' aus, und sie waren das Objekt zahl reicher Plünderungen.29) 82
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