Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 37, Juni 1986

Diese und die am 9. Mai folgenden Truppen besetzten nun auf Grund einer alliierten Vereinbarung Steyr bis zum rechten Ennsufer. Die Amerikaner zogen sich auf das l inke Ennsufer zurück. An den Stadtbrücken wurden Sperren errichtet, jeder Verkeh r, auch für lebensnotwendige Güter, unterbunden. Die russische Kommandantu r wurde in der Bahnhofstraße 1 8 errichtet.9) Bereits am 5. Mai wu rden die Häftlinge des KZ- Nebenlagers Steyr-Münichholz, ausgenommen die kriminellen Gefangenen, befreit. Einige Tage später wurde das ehemalige Konzentrationslager in ein Lager für kriegsgefangene ,SS-ler' umgewandelt und auch die kriminellen Häftlinge verlegt. Zur gleichen Zeit legten die ausländischen Arbeiter und Kriegsgefangenen die Arbeit nieder. In der Umgebung von Münichholz kam es im Bereich von Behamberg in den Maitagen des Jah res 1 945 zu Plünderungen von Gruppen entlassener Häftlinge und ehemaliger Kri egs- . gefangener. Wenn man aber bedenkt, welche unmenschliche Behandlung die Gefangenen in der Zeit i h rer I nhaftierung erfahren haben , ist diese Verhaltensweise zwar nicht entschuldbar, aber verständlich. 10 ) Der Weg nach Haidershofen stand unter Kontrolle bewaffneter KZ-Häftlinge. 1 1 ) Von verschiedenen Seiten wu rde allerdings auch berichtet, daß in Münichholz in den Umbruchtagen Plünderungen durchgefü h rt wu rden . Seh r oft handelte es sich dabei um politisch motivierte Racheakte an ehemaligen oder vermeintlichen ,Parteigenossen' ; in manchen Fäl len war dieses Motiv nur der Vorwand, um sich persönlich zu bereichern. 1 2) Verschärft wu rde die chaotische Situation zu Kriegsende du rch die Lage an der Zoneng renze und die Zweiteilung der Stadt in eine russische und eine amerikanische Besatzungszone. Tausende schutzsuchende, geänstigte, hung rige Heimatvertriebene, Fremdarbeiter, rückflutende Soldaten in den Straßen, l ießen die Bevölkerung der Stadt auf 70 bis 80.000 Menschen ansteigen und stellte die neue Stadtverwaltung vor Probleme, die man bisher in der Geschichte der Stadt nicht gekannt hatte. 1 3) Die Bevölkerung von Münichholz stieg im selben Zeitraum auf beinahe das D reifache des Februars 1 945 an. Das Kriegsende war auch in Münichholz mehr als traurig. Der ganze Stadttei l ein gewaltiger Torso im schwarzen Tarnanstrich, einige Häuser du rch Bomben zerstört, ein Großtei l des Straßennetzes Morastg ruben, unzulängliche Wasserversorgung, Kanalisation, Beleuchtung. 1 4) Die Entwicklung der Stadt Steyr brachte es mit sich, daß die versorgungswichtigen Betriebe und Verwaltungsbehörden im Westteil der Stadt, also in der US-Zone lagen. Nach der Trennung der Stadt mußten nun in ,Steyr-Ost' die lebensnotwendigen Betriebe erst errichtet werden, da der Zugang zum Westsektor nicht möglich war. In Zusammenarbeit mit den Einheiten der Sowjetarmee wu rde eine provisorische Stadtverwaltung ,Steyr-Ost' errichtet. Der Büchsenmacher Johann Kah l i g wurde zum Bürgermeister bestellt. Dem Gemeinderat gehörten nachstehende Herren, als Vertreter demokratischer Parteien der Vorkriegszeit, an : Karl Bloderer, Karl Hübsch, Vinzenz Ribnitzky, Johann Schanovsky, Thomas Trunk und Josef Wöh rer. Bei der konstituierenden Sitzung des im Haus Bahnhofstraße 5 untergebrachten ,Gemeinderates Steyr, rechts der Enns' am 6. Juni 1 945 verwies Bürgermeister Kah lig auf die 79

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2