5. Kirche und Arbeiterbewegung Das Verhältnis von Kirche und Arbeiterbewegung war besonders in Steyr, hervorgerufen du rch die Ereignisse des 1 2. Februar 1 934, du rch das Erleben vieler Arbeiter im ch ristlichen Ständestaat 1 934 - 1 938 und der strittigen Rolle, die die Ki rche in diesen Jahren einnahm, geprägt von sch roffen Gegensätzen. Daher ist auch für die Entwicklung von Münichholz von Bedeutung, die Rolle der Kirche und ihre Stellung zur Bevölkerung aufzuzeigen. Dabei soll von einer reinen Kirchenchronologie abgegangen werden und auch Problembereiche nicht ausgeklammert werden. Die Eingemeindung von Münichholz und die neue Grenzziehung zwischen N ieder- und Oberdonau 1 938 schuf auch für die katholische Kirche neue Probleme. Vorerst wu rde das Gebiet wie bisher von den Pfarren Haidershofen und Behamberg weiterbetreut. Schon im Oktober 1 939 ersuchte das Ordinariat Linz das Stadtpfarramt in Steyr, sich über eine Änderung der Diözesangrenzen aus seelsorg lichen Gründen zu äußern. Steyr befü rwortete diese Eingemeindung. Am 1 7 . November 1 939 beginnen Verhandlungen mit der WAG-Hermann Göring Werke wegen eines Baugrundes für eine Ki rche in Mün ichholz. Da es sich um den ersten Fall einer Kirchenerrichtung in der Ostmark i n einer ,Siedlung des Vierjah resplanes' handelte, mußte die Entscheidung in Berlin eingeholt werden . Nach meh reren unerledigten Anfragen wurde Ende 1 940 von oberster Stelle in Berlin ein Verbot des Baues und der Materialbeschaffung für eine neue Kirche ausgesprochen ; der nationalsozialistische Oberbü rgermeister von Steyr versagte g leichzeitig eine Baubewilligung. Ein geeigneter anderer Versammlungsraum war n icht vorhanden. Die Kirche war daher gezwungen, andere Wege als üblich zu gehen, um das Vertrauen der Menschen (wieder) zu gewinnen. Erschwerend wi rkte sich natürlich die Diskrepanz zwischen der Bevölkerung u nd der Kirche aus. Die Führung der Seelsorge »in einem Gebiet, zu dem die besten Katholiken und besonders· Priester die Köpfe schüttelten«, wurde 1 941 Pater Meindl übergeben, einem Seelsorger, der bereits in Kärnten mit nationalsozialistischen Stellen Konflikte hatte und dem dort Gauund Schulverbot erteilt wurde. Sein Prinzip des persönlichen Kontaktes, des Aufsuchens der Leute und des Hausbesuches, nach dem »Vorbild der Apostel früher« und der Missionstätigkeit, stieß besonders anfänglich bei Teilen der Ki rche auf Widerstände, da man an den bisher praktizierten Formen der kirchlichen Verwaltungstätigkeit festhalten wollte. »Die Kirche muß sich i n Organisationsfragen rein nach intensiven kulturellen Strukturen und Lebensgesetzen richten« und nicht gegenteilig. 1 ) So wu rde e r aber ein profunder Kenner der Probleme der Menschen und gewann das Vertrauen breiter Bevölkerungskreise. Seinem Wirken verdanken wi r noch heute wesentliche Aufzeichnungen über das Leben verschiedener Bevölkerungsg ruppen. Aus dem aussichtslosen Experiment war allmählich eine Eh renaufgabe geworden. Der NSDAP war die Tätigkeit in Münichholz unerwünscht, und so sprach sie ein Verbot aus, Gottesdienste in Münichholz du rchzufüh ren. 1 69
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