Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 37, Juni 1986

3.2. Wohn- und Mietzinsfrage Das woh l umst rittenste Thema in Münichholz bis in die Gegenwart hinein bleibt die M ietzinsproblematik. Da über 80 Prozent der Wohnungen sich im Besitz der Wohnungsaktiengesel lschaft Linz befinden , hängt diese Frage auch eng mit der gesamten Entwicklung der Wohnungsaktiengesel lschaft nach 1 945 zusammen. Nach dem Zusammenbruch des , D ritten Reiches' war die , N iederlassung Linz' der Wohnungsaktiengesel lschaft der Reichswerke Hermann Göring, Braunschweig, als , Deutsches Eigentum' jeglichem Zugriff alliierter Stellen offen. Du rch die Wiederherstellung der Souveränität Österreichs und du rch den Kriegsausgang, wonach das Vermögen des , Hermann Göring' Konzernes in Österreich zur alliierten Kriegsbeute wu rde, waren die ehemaligen Konzernbindungen beseitigt. Dagegen waren die privatrechtlichen Verträge, die zwischen den einzelnen, in Österreich gelegenen , ehemaligen Konzernfirmen abgeschlossen waren, von der Änderung der Dinge nicht betroffen. Die von der amerikanischen M i l itärreg ierung im Jahre 1 945 anerkannte provisorische Leitung der ,Wohnungsaktiengesel lschaft Linz' versuchte für die vielen halbfertigen Neubauten nun Finanzierungsmöglichkeiten voranzutreiben. Es lagen zwar verbindliche Kreditzusagen vor, diese konnten aber in Folge der geänderten Verhältnisse nicht mehr realisiert werden. (offene Reste von bewilligten Reichsdarlehen, Hypotheken etc ) Es war unvermeidlich, daß bei der gegebenen Situation von einer Kreditfähig keit der WAG auch dann n icht mehr die Rede hätte sein können, wenn Kredite überhaupt zu bekommen gewesen wären. Die völlig ungeklärte Rechtsqualität und die Zukunft des sogenannten : Deutschen Eigentums' bewogen auch Behörden und halbamtliche Stellen zu einer totalen Zu rückhaltung bei allen herangetragenen Finanzierungsmaßnahmen. Eine Finanzierung aus M itteln der M ieter war aber besonders nach dem Krieg undenkbar. Viele der Mün ichholzer Häuser, besonders im 3 . Bauabschnitt, waren noch nicht bezugsfertig oder aber reparaturbedü rftig. Ein Großteil der M ieter hatte nach Kriegsende teils freiwillig, teils unfreiwillig die Wohnungen verlassen und war ins ehemalige ,Altreich' zurückgekeh rt. I hre Wohnungen wu rden meist willkürlich du rch Obdachlose besetzt. Ein erheblicher Tei l der Wohnungen wu rde du rch , Eingewiesene' blockiert, ein Teil der Wohnungen wu rde von der Besatzungsmacht mit ,displaced persons' belegt (Jüdische Fami lien in der Sternstraße). Alle angefüh rten Personenkreise konnten nicht mit einem dauernden Verbleiben in den Wohnungen rechnen. 1 ) Da die Lebensbedingungen sowie die soziale Situation der Betroffenen gerade damals nicht als optimal zu bezeichnen war, ist es auch verständlich, daß den Forderungen der WAG nach M ietzinserhöhungen von den Mietern vehement entgegengetreten wurde. Der Kampf um die M ieterhöhungen zwischen der WAG und den Mietern hatte allerdings noch eine weitere Dimension. · Jede Auseinandersetzung um den M ietzins wu rde in den ersten Jahren der Zweiten Republik zur politischen Konfrontation zwischen den Sozialisten und den Kommunisten. Für die KPÖ war die Mietenfrage die letzte g roße Bastion, in der sie bei breiten Kreisen der Bevölkerung überdu rchschnittl ich hohe Zusprache fand. 1 1 9

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