Veröffentlichungen des Kultturamtes, Heft 36, Dezember 1985

der Muttersprache gehalten werden mußte. Aus diesem Grunde waren ja auch die Lehrbücher des P. Franz Wagner auch in deutschen Aus– gaben erschienen. Auch der Hof zu Wien war an einer verstärkten Pflege der deutschen Sprache sehr interessiert, wie aus einer kaiserlichen Reso– lution vom 16. November 1735 an die Universität, den Rektor und das Konsistorium hervorgeht: Knaben, welche die Kurrent- und Latein– schrift, die Deklinationen, Konjugationen und die 14 Regeln nicht ken– nen, sollen in die erste Klasse nicht aufgenommen werden; die Gram– matikregeln sollen anfangs in deutscher Sprache gegeben werden ; die Schüler sollen an „eine gute Redensart" durch Übersetzungen aus dem Deutschen ins Lateinische und umgekehrt, wie auch an deutsche Haus– übungen gewöhnt werden; dabei soll das Deutsche in der Orthogra– phie, das Lateinische in der „latinitas" korrigiert werden; im zweiten Halbjahr der Syntax ist die Jugend im Schreiben deutscher wie auch lateinischer Briefe zu unterweisen. Soweit die wichtigsten Punkte aus dieser kaiserlichen Resolution . Manche dieser Wünsche waren bereits in dem von P. Franz Wagner im gleichen Jahr herausgegebenen Büch– lein „lnstructio privata seu Typus Cursus anni pro sex humaniorum Classium Magistris" berücksichtigt 66 ). Es war dies eine Instruktion für die Lehrer der sechs Gymnasialklassen, welche noch vor der Ausgabe des kaiserlichen Dekretes approbiert worden war. Diese Schrift stellt eine vollständige Didaktik und Pädagogik für das Gymnasium dar. Sie enthält die genauen Schulpläne für die einzelnen Tage der Woche , die Art und Weise des Unterrichts in den verschiedenen Klassen mit wichti– gen Hinweisen , interessanten Aufgaben und Musterbeispielen. Der aus Schärding gebürtige, gelehrte Jesuit Michael Denis führte als Magister in Graz (um 1750) und anschließend in Klagenfurt den bisher unbe– kannten deutschen Aufsatz ein67 ) . Für Steyr ist wohl erst 1770 der Ge– brauch der Muttersprache bei einer festlichen Prämienverteilung, der eine lateinische Rede und eine schöne deutsct}e Elegie vorausge– schickt wurde, erwähnt68 ), jedoch ist kaum daran zu zweifeln, daß auch in Steyr die Pflege der Muttersprache ab einem früheren Zeitpunkt zu– mindest im erwähnten Ausmaß betrieben wurde . Auf die vielen Anklagen, die gegen das Jesuitengymnasium des 18. Jahrhunderts erhoben wurden, darunter nicht zuletzt der Mangel in der Pflege der Muttersprache, erwiderte der gelehrte Jesuit P. lgnaz Weitenauer 1765 folgendes: ,Es ist keine geringe Unrichtigkeit, daß man immer sechs Jahre auf die Rechnung der I a t ein i s c h e n Sprach– lehre schreibt, da doch ihren Anklägern nicht unbekannt sein kann, wieviel von dieser langen Zeit anderswohin verwandt werde. Man schweigt von der deutschen Sprache, zu welcher die Jugend aus den neuen Lehrbüchern angeleitet und zu derselben Vollkommenheit ge– führt wird. Man schweigt von dem Griechischen, welches man in allen Schulen dem Lateinischen beigesellet. Man schweigt von der so nütz– lichen Geographie, von der so notwendigen Rechenkunst, von der so 84

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