von der Bürgerkongregation und anderen angesehenen Bürgern . Jeder Gruppe geht eine Fahne voran und die Mitglieder der Gruppe tragen brennende Kerzen in der Hand. Es schließen sich an die Kapuziner, Dominikaner und Benediktiner. Mit dem nun folgenden Schrein , der von vier Priestern getragen wird, erreicht der Zug den Höhepunkt des Schau– gepränges, was durch die Teilnahme von hohen Geistlichen und Adeligen, die dem Schrein in prunkvollem Festgewande folgen, noch unterstrichen wird . Ein fürwahr großartiges Bild , reine Augenweide für den sinnesfreudigen Barockmenschen. Gesang der Schulk inder, Gebet der Insassen der Bürgerspitäler, Gewehrsalven der aufmarschierten Reiterei und Kanonendonner begleiten das prächtige "Schau"-Spiel. Den Gipfelpunkt aber stellt der am Hochaltar abgesetzte Schrein dar. Die ihn umgebende Architektur von Säulen und von der Decke herab– hängende symbolische Bildwerke steigern das Ganze zu einer Apo– theose nahezu unvorstellbaren Ausmaßes. Und doch : Welch ein MEMENTO MORI im Schrein mit den Ge– beinen des Märtyrers! Zugleich aber auch : Welch ein Triumph im Tode! Engel mit der Siegespalme gehen dem Heiligen voran , Engel tragen seine Gebeine in das Reich des ewigen Lebens . Mittelpunkt des Lebens ist der siegreich bezwungene Tod . Eindringlich führt das Vorzeigen der einzelnen Reliquien die Vergänglichkeit alles Irdischen vor Augen. Dadurch wird aber auch gegenwärtig, zu welcher Größe, zu welcher Herrlichkeit der Mensch aufsteigen kann . Hier wird auch in der Pro– zession die Katharsis der aristotelischen Tragödie deutlich , die Teil– nehmer und Zuschauer zu einem intensivierten Lebensgefühl führen und ihnen die göttliche Ordnung und Gerechtigkeit bewußt machen soll . So betrachtet ist diese Prozession ein typisches Beispiel für das Kunstwollen des Barocks , wie es Nadler 19 ) charakterisiert: Für die römische Kirche stand der Erlösungsgedanke im Mittelpunkt. Auf ihn wurde alles vorausgedeutet und zurückbezogen . Alle Tragik floß aus dem Heilskampfe. Zu diesem Kampfe wurde alles gruppiert, was auf dieser Erde jemals lebte, was unter ihr und über ihr zu denken war... Der Barock ... entsinnlicht seelische Vorgänge, Vorwürfe aus der Ge– schichte, der belebten Außenwelt, aus Gewissenskämpfen und Heils– kriegen bis auf das nackte Gerüst der sittlichen, religiösen , geistigen , geschichtlichen Begriffe und Kräfte und wandelte es durch Sinnbilder, Gleichnisse und Körperlichkeit wieder in die Anschauung des künst– lerisch Darstellbaren zurück. Die Kunstlehre des Barocks "Alles Ver– gängliche ist nur ein Gleichnis" war wesensverwandt mit der Scholastik . ANMERKUNGEN: 1 ) Litterae Annuae Provinciae Austriae Societatis Jesu (im folgenden kurz LA) 1633, Codex Vindobonensis Palatinus (im folgenden kurz CVP) 12218.1 , p. 80. Zell Jacob, Die Chronik der Stadt Steyr 1612 - 1635, hg. von L. Edlbacher in: Jahrbuch des Museums Francisco-Carolinum 33 (1878) , S. 80. Pritz F. X., Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyr und ihrer nächsten Umgebung. Nachdruck der Ausgabe von 1837, S. 285 2) LA 1648 (CVP 12220), f. 131 v 125
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