Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 34, November 1796

stellten Delinquenten die Augenbinden wieder abnehmen ließ und von der Hinrichtung absah. Die ganze Militärkohorte versammelte sich vor dem Kolleg , um sich dafür beim Rektor entsprechend zu bedanken. 186) c) Kulturell Schule. Theater. (Seminar). Die Glaubensspaltung mit ihren Auseinandersetzungen hatte eine größere Einschätzung der Studien bewirkt. Die Einrichtung und Betreuung von La t e i n s c h u I e n wurde daher im Verlauf der Kampfjahre zu einer aus– gesprochenen Machtfrage. 18i) So war in Steyr aus der alten Stadtschule 1526 die evangelische Lateinschule erwachsen: Der Arzt Doktor Sigismund Wun– der begann Latein , Griechisch und Hebräisch zu lehren. Am 22. Februar 1559 erhielt die Bürgerschaft von König Ferdinand die Erlaubnis, das in Trüm– mern liegende Kloster der Dominikaner (die 1543 ihre Niederlassung in Steyr aufgegeben hatten) aufzubauen und darin eine Schule einzurichten, doch sollte der Orden im Bedarfsfall sein Kloster wieder einlösen kön– nen.188) In diesem von der Stadt wiedererrichteten Gebäude wurde die Lateinschule untergebracht (die sich bisher wahrscheinlich im alten, bau– fälligen Stadtschulhaus in der Berggasse befunden hatte 189) und in der Kirche der Gottesdienst nach dem Augsburger Bekenntnis eingeführt. Tho– mas Brunner (Pegaeus) , ein Schüler Melanchthons, ragt unter den Rekto– ren besonders hervor durch seine Korrespondenz mit Studienfreunden, Magistern und Schülern in Wittenberg, sowie durch die von ihm verfaßten Theaterstücke für kirchliche und weltliche Festtage. Sein Geist wirkte über seinen Tod (1571) hinaus auf die Bildung der Bevölkerung der Stadt. In der Zeit der ersten katholischen Restauration von 1600 bis 1608 war die Lateinschule geschlossen. Im Februar 1603 gelang es Abt Johann Wilhelm 1. von Garsten, Wolfgang Lindner als Lateinschullehrer für Steyr zu gewinnen . Ihm wurde die alte Schulwohnung in der Berggasse zugewiesen und er wirkte an dieser k a t h o I i s c h e n Lateinschule bis zum Jahre 1622. Ihm folgte Matthias Talmann. Die im Jahre 1608 wiedereröffnete, von Ägidius Weixelberger (einem Regensburger) geleitete Lateinschule der Protestanten bestand bis Oktober 1624. Die besonders von den Rektoren Brunner, Mauritius und Lindner mit ihren Schülern in der Faschingszeit im Rathaus oder im Schulgebäude veranstal– teten Komödienaufführungen wurden vom Stadtrat finanziell gefördert. 190 ) Als die Jesuiten (am 4. 11. 1632) ihr Gymnasium in Steyr eröffneten, hatte der Orden bereits eine reiche Erfahrung auf dem Gebiete des Schulwesens. Der Lehrplan stützte sich auf die für alle Jesuitenschulen im Jahre 1599 zum verbindlichen Schulgesetz erhobene „Ratio atque lnstitutio Studiorum Societatis Jesu ". In diesen Bestimmungen war auch die zum organischen Bestandteil des Schulwesens gewordene Schulkomödie verankert.1 91 ) Zeigte das Schulwesen Melanchthons und seiner Jünger die Verschmelzung huma– nistischen und reformatorischen Geistes, so brachte das der Jesuiten den Geist der katholischen Restauration mit dem Humanismus in Verbindung. 192 ) Der Studiengang gliederte sich in sechs Klassen: 76

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