Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 34, November 1796

zu , dem Leidenden in seinem ganzen Menschsein - nicht nur in der religiösen Sphäre - helfend zu begegnen. In der Betreuung der Kranken stießen die Patres auf geistige Erkrankungen aller Abstufungen, auf aus Trüb- und Wahnsinn entstandene verbrecherische Vorhaben. Teuflische Heil– mittel gegen Wunden waren noch immer wichtige Hilfsmittel „ einer mystisch unterlagerten Volksmedizin " .m ) Weissagende und magische Steinchen , Amuletten und Bilder ausrottend und durch Sakramentalien ersetzend, brachte die Sozietät in den Alpenländern in den Ruf, sie wolle derartige Blendwerke in ihre Hände bringen und sich damit die Bannkraft über böse Geister und die Herrschaft über den Teufel sichern . Daß dadurch die Jesuiten selbst in Einzelfällen einem absonderlichen Wunderglauben ver– fielen und ihr geisterbeschwörendes Eingreifen (mittels der amuletta sacra) mit Recht im Kloster Gleink lächerlich gemacht wurde, läßt sich nicht leugnen .1n ) Die jesuitenfeindliche Polemik spricht von einer Verwertung der Geisterfurcht durch den Orden .174 ) Tatsächlich krasse Fälle von Besessen– heit, die - vorwiegend durch den Gebrauch der lgnatius-Sacramentalia - geheilt werden konnten , gehören zum erbaulichen Erzählungsinhalt der Jahresberichte. Das Vertrauen des Volkes auf die „ amuletta sacra " ist ohne das persönliche Einwirken der Jesuiten nicht denkbar. Als Kontakt– gegenstände des lgnatiuskultes zur Abwehr dunkler Gewalten wurden (be– sonders von den Gebärenden) Münzen , Bilder, Kerzen , Reliquien und lgnatiuswasser benützt. Erstmals hören wir vom Gebrauch des lgnatius– wassers (in Steyr) im Jahre 1643.175 ) Sieben Jahre spä.ter schreibt der Chronist : ,,Wie zum Beispiel selten jemand ohne unseren Beistand sterben will , so wird fast niemand hier ohne Hilfe unseres heiligen Vaters lgnatius geboren ".176 ) (Eine Gebärende lag bereits im Todeskampf: Es wurde ihr die Reliquie des hl. lgnatius aufgelegt, und am gleichen Tag erlangte sie die Gesundheit. - In einem von bösen Geistern durchtriebenem Haus voll Unbeherrschtheiten und Ausschreitungen der Bewohner wird das Bild des Ordensstifters aufgehängt und schon genießt es den wiedergewonnenen Frieden . - usw.177 ) . Im Vertrauen auf die Hilfe der heiligen Jungfrau Maria wirkte der lapillus Foyensis, das Steinchen aus Foya, gegen die Phrenesis (Fieber, Krampf, Unsinnigkeit, Tobsucht, Raserei, Schwermut), eine häufig auferscheinende, dem dämonischen Einfluß zugeschriebene Krankheit. (Einer sterbenden Frau gereichte ein in den Trank gegebener lapillus Foyensis zum Schutz : Beim ersten Schluck aus diesem Trank ge– sundete sie. - Ein Mädchen hatte durch eine dreitägige Phrenesis den Vernunftgebrauch verloren: .. Zur selben Zeit in der ein Unsriger in ihrem Zimmer ein Steinchen aus Foya niederlegte, wurde sie sofort völlig ge– sund " .178 ) Zu Bekehrungszwecken verwendeten die Jesuiten auch das Amu– letum „ Agnus Dei " . Als einem in Agonie liegenden Soldaten das „Lamm Gottes "-Amuletum angehängt worden war, ist er zum genügenden Vernunft– gebrauch gelangt, sodaß er die Beichte und Krankensalbung empfangen konnte.179 ) ,, Extremae Unctionis usus antehac rarus , familiarior esse coepit Urbi Styrensi ", bestätigt die Chronik des Jahres 1645 und führt den neuer– weckten Gebrauch der Krankensalbung auf das Wirken der Gesellschaft Jesu zurück.180 ) Diese hat sich bereits in den ersten Jahren sowohl den Armen und 74

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