Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 34, November 1796

erkrankt, daß er - vom Arzt bereits aufgegeben - schon mehr unter die Toten als Lebenden gerechnet werden mußte. Als der diensthalber nach Graz verreiste Rektor unverhofft zurückkam, besuchte er mit dem ersten Betreten des Hauses den vom akuten Fieber befallenen, bewußtlosen Mit– bruder, empfahl ihn durch ein Gelübde der Gottesmutter: daß er eine Wall– fahrt nach Mariazell machen wolle, wenn der Sterbenskranke durch ihre Hilfe Leben und Kraft von Gott wiedererlange.132 ) Beim ersten Todesfall im Kolleg , ,,17 Jahre nach seiner Gründung " (am 12. November 1649) handelt es sich um ein Opfer der Pest: P. Gottfried B u s s u e, ein Spanier, 48 Jahre alt, seit 18 Jahren Ecclesiastis an verschiedenen Orten der Provinz. Während seines dreiwöchigen Siechtums fanden öffentliche Gebete der Kollegsmit– glieder vor dem Allerheiligsten und den Reliquien des Märtyrers Gliolaphus statt und wurden Votivwallfahrten für seine Gesundung abgehalten. Mit ihm hatte die Gesellschaft Jesu in Steyr einen erfolgreichen Beichtvater, Volks– missionar und Soldatenseelsorger verloren . Ende Februar 1650 starb der 53jähr. Frater Udalricus Rott an an „der überall in der Umgebung grassie– renden Seuche". 15 Jahre hatte er treu dem Kolleg gedient. Das Elogium läßt auf die Stellung der Laienbrüder innerhalb der Gemeinschaft schließen: Unter anderem hebt es des Bruders sonderliche Ehrfurcht vor den Priestern rühmend hervor, ,,die er niemals anders als entblößten Hauptes anzuspre– chen und - falls sie ausgingen - ein oder zwei Schritte dahinter zu beglei– ten gewohnt war " .133 ) 1652 erreichte die Pestkatastrophe ein erschütterndes Ausmaß im Kolleg. Am 16. Juni wurde P. Michael Wer n d 1, Minister, zu Grabe getragen. Ihm folgte innerhalb 16 Tagen der Rektor des Kollegs, Eustachius St aha 1, - sein Leichenbegängnis war am Tag Mariä Heim– suchung. Vier Tage danach, am Oktavtag von Fronleichnam, fiel der Coad– iutor spiritualis P. Wolfgang M a y r I der Pest zum Opfer.134 ) Das durch den Kirchenbau in arge wirtschaftliche Not geratene Kolleg fand immer wieder seine Wohltäter aus kirchlichen und weltlichen Kreisen. Der Chronist faßt 1643 zusammen, daß es mit „ Getreide, Büchern, Leinen und Salz" beschenkt werde. Die Rektoren bemühten sich beim Kaiser um maut– freie Einfuhr von Wein und Getreide aus Niederösterreich. Im Jahre 1648 erhielten auch die Steyrer Jesuiten - endlich nach zweijähriger Vertröstung ! - von Kaiser Ferdinand III. ein jährliches Deputat von acht Salzsäulen (statua salis, 1 Fuder = 56 bis 65 kg).135 ) Prälat Matth ias von St. Florian be– lieferte das Kolleg mit Getreide. Für die Weiterführung der Gottesdienste in der Bürgerspitalkirche auch nach Eröffnung des ordenseigenen Gottes– hauses gab der Magistrat außer des Geldes zum Ankauf von Kerzen auch drei Fuder Salz jährlich.1 3 6 ) Die Dienste innerhalb und an der Gemeinschaft waren durch Ämter gere– gelt; sie gewähren Einblick in das Leben innerhalb des Kollegs. Dem mit der Regierung betrauten Superior (der Residenz) oder Rektor (des Kollegs, seit 1634) standen (meist zwei) Consultores zur Seite, die in gewissen Zeit– abschnitten zu Beratungen zusammentraten und Vorschläge unterbreiteten. Der Monitor, meist ein älterer Pater, hatte jeden Mißgriff seines Oberen diesem vorzuhalten . Der Minister besorgte alle internen Angelegenheiten, soweit nicht die Entscheidung des Rektors dafür notwendig war. Für körper65

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