Das Leben innerhalb des Kollegs Hinsichtlich der Einwohnerzahl stellte lgnatius die Forderung , daß ein Kolleg imstand sei , wenigstens vierzehn Bewohner zu erhalten. Diese Mindestzahl erreichte das Steyrer Kolleg erst vier Jahre nach seiner Stiftung; die Mit– gliederzahl der folgenden fünfzehn Jahre betrug durchschnittlich 15: Ordens– leute aus allen Bundesländern gebürtig, aber auch Baiern , Schwaben, Rhein– länder und aus Böhmen . Bei der Verteilung der Ämter war das Prinzip der Elite maßgeblich . Vier Lai e n b r ü d e r - weltliche Koadjutoren oder Coa– diutores temporales, die keine Studien absolviert hatten, sondern nach ein– jährigem Aufenthalt im Probhaus die drei einfachen Gelübde des Gehor– sams, der Armut und Keuschheit abgelegt hatten - verrichteten die haus– wirtschaftlichen oder handwerklichen Dienste.130 ) Am Gymnasium wirkten drei oder vier Coadiutores spirituales, geistliche Koadjutoren : L eh r e r (mag ist e r oder Doktor); - nachdem sie die vierjährigen Theologiestu– dien beendet und die Priesterweihe erhalten hatten , konnten sie auch Rek– toren , Prokuratoren , Schulpräfekten und - Beichtväter werden ; sie leisteten die drei Gelübde ebenfalls in einfacher Form. Die eigentliche Elitegruppe wurde von den Professoren gebildet, die nach absolvierten Philosophie– und Theologiestudien die drei feierlichen Gelübde ablegten , zu denen noch ein viertes trat, durch das sie sich besonders dem Papst verpflichteten . Sie hatten Zutritt zu den höchsten Ämtern innerhalb des Ordens und theoretisch war ihnen auch der Unterricht in den beiden letzten Gymnasialklassen (Poe– tik und Rhetorik) vorbehalten; in der Praxis vermischte sich das allmählich, so daß auch Magister in diesen Klassen lehrten . Nach den von General Aquaviva Ende des 16. Jahrhunderts erweiterten Satzungen des Ordensgründers war das oberste Gesetz im Kolleg der unbe– dingte Gehorsam, den lgnatius in dreifacher Weise unterschied : Gehorsam der Tat, des Willens und der Einsicht. In jedem Kolleg war ein Pater dazu bestimmt, aufzupassen , daß keiner gegen die Regeln verstieß. Der Einzelne hatte außerdem die Pflicht, jedes Vergehen eines Mitbruders sofort dem Rektor zu melden . 80 konnte eine ziemlich straffe Disziplin erhalten bleiben. Bei der sehr beweglichen Struktur der Gesellschaft Jesu, die fast jährlich die Bewohner ihrer Kollegien und Residenzen auswechselte,131 ) ist auffällig, daß die Kollegialen in Steyr oftmals sechs bis acht Jahre auf ihrem Posten blieben. Einer der hervorstechendsten Persönlichkeiten im Aufbau des Kol– legs war ohne Zweifel P. Johannes Eckst e i n, der drei Jahre Pionier– arbeit als Ecclesiastis, sieben Jahre als Rektor und damit am längsten in Steyr wirkte. Von da als Prediger an den kaiserlichen Hof berufen , übte er dort sein Amt nur einige Jahre aus: Vom Siechtum erfaßt, starb er am 29. Mai 1646. In erbaulicher Weise zeigt die Chronik die mitbrüderliche Sorge mit einem Beispiel auf: Im Jahre 1648 war einer der Koadjutoren so schwer 64
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