Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 34, November 1796

erwirkte der Abt die kaiserliche Genehmigung zur Errichtung eines Klosters für die Kapuziner. Im Jahr der Grundsteinlegung (16. April 1617) wurde auch die Spital- und Bruderhauskirche für den katholischen Gottesdienst neu eingeweiht. Von der Stadtverwaltung kam den Katholiken kaum eine Hilfe. Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges war für beide Steyrer Konfessionen die Lage gleich schwer und gleich günstig. Nach der Schlacht am Weißen Berge (8. November 1620) griff die katholische Reformation energisch durch. Kaiser Ferdinand II. (1619-1637) , der in Ingolstadt bei den Jesuiten stu– diert hatte, kannte in kirchlichen Fragen keine Nachgiebigkeit. Im lande ob der Enns erteilte der bairische Statthalter Graf Adam Herber s t o r f 1624 strenge Ausreisebefehle gegen die Prädikanten und protestantischen Schul– meister. 1625 wurden die übrigen Bewohner vor die Wahl gestellt, ent– weder katholisch zu werden oder auszuwandern. Die Einquartierung bai– rischer Truppen (seit der Verpfändung Oberösterreichs an Baiern im August 1620). die Auswanderung von über zweihundert Familien meist wohlhaben– der evangelischer Bürger und eine katastrophale Geldentwertung in den folgenden Jahren verursachten in Steyr große Not. Im großen Bauernkrieg 1626 stand die S'tadt auf Seite der Bauern . Ende Mai 1626 lagerte Stephan Fad i n g er mit seinen 40.000 Bauern auf der Taborhöhe. Die Steyrer Bürgerschaft mußte schwören, den Bauern „in allem untertänig" zu sein. In der Stadt blieben 400 Mann Besatzung unter dem Kommando des Laakirchner Wirtes Neumüller. Ende Juli traf Achaz W i e 11i n g er mit 2.000 Bauern in Steyr ein. Nur wenige Bürger schlossen sich diesmal den Bauern an . Am 22. August vertrieben die kaiserlichen Truppen unter Oberst L ö b I die Bauern aus Steyr und befreiten am 31. August die Landeshauptstadt. In den folgenden Jahrzehnten blieb Steyr zwar von Kriegshandlungen ver– schont, doch litten die Bürger schwer unter Einquartierungen, Musterungen und Durchmärschen. Die innere und äußere Not hatte die Bewohner der Stadt gewandelt. Wenn beim Abschluß der Gegenreformation von einer Wiederherstellung der Einheit die Rede ist, so kann darunter nur die Wie– derherstellung der katholischen Kirche als der einzig erlaubten verstanden werden . Die weltliche Macht verbot die S'paltung der Religion, und die Kirche versuchte nun die ihr gegebene Möglichkeit zur Festigung ihrer geistigen und materiellen Macht auszunützen, womit sie den ungeheueren Kraftauf– wand rechtfertigen mußte, der zur Wiederherstellung ihrer Position nötig gewesen war. Eine Welt voll Glauben und Frömmigkeit, voll Macht und Wohlhabenheit, aber auch voll Aberglauben und Despotismus war unter– gegangen und einer neuen gewichen, die sich erst von den Trümmern der alten befreien und weiter entwickeln mußte. So fand die in ihre Rechte wie– der eingesetzte katholische Religion zwar den alten Boden vor, doch unge– pflügt und brach . Die alte Frömmigkeit war einem nüchternen S'inn für die traurige Wirklichkeit gewichen und nur ganz langsam gelang es ihr, Wurzel zu fassen. Die Stadt selbst hatte noch schwer um ihren Bestand zu kämp– fen. Krieg, Pest und wirtschaftliche Not zwangen die Bürger zu weiteren Auswanderungen6 ). 37

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