Veröffentlichungen des Kulturamtes, 1973

Schon im Alter von neun Jahren war der frühverwaiste Knabe, für den sein Onkel Andreas sorgte, Sopransänger an der Steyrer Stadtpfarrkirche. I4) Der talentierte Junge, dem die Stadt Steyr Stipendien verlieh, trat 1781 in das Gymnasium der Abtei Kremsmünster ein, wo er nach vier Jahren seine Studien mit Auszeichnung abschloß. Seine musikalischen und schauspielerischen Fähigkeiten fanden auch im Stift bereits große Beachtung. Im Jahre 1785 übersiedelten Vogl und sein Freund Xaver Süßmayr nach Wien.15) Hier widmete sich Vogl, dem seine Vaterstadt weiterhin Stiftungsgelder zukommen ließ,16) dem Studium der Rechtswissenschaften. Nach dem erfolgreichen Abschluß desselben suchte er eine Beamtenstelle beim Magistrat der Stadt Wien zu erlangen. Doch einer „inneren unwiderstehlichen Neigung folgend“, wurde er Opernsänger. Durch Vermittlung Süßmayrs, der als zweiter Kapellmeister an der Hofoper wirkte und des Hofmusikgrafen Ugarte kam Vogl am 1. Mai 1794 an das Kärntnertor-Theater, wo er bald zu den bedeutendsten Sängern zählte. Nach etwa dreißig Jahren, im Frühjahr 1822, zog sich der Künstler, der über eine vorzügliche Baritonstimme verfügte, von der Bühne zurück.17) Neben den klassischen Sprachen beherrschte Vogl auch das Englische. Zu seinen Lieblingsautoren zählte der römische Kaiser Marc Aurel.18) Die erste Zusammenkunft des gefeierten, selbstbewußten „Hofoperi- sten“ mit Schubert vermittelte Franz von Schober, ein guter Freund des Liederfürsten. Josef von Spaun schreibt hierüber in seinen „Aufzeichnungen“ : „Schubert, der seine Lieder immer selbst singen mußte, äußerte nun oft großes Verlangen, einen Sänger für seine Lieder zu finden, und sein alter Wunsch, den Hofopernsänger Vogl kennen zu lernen, wurde immer lebhafter. — In unserem Kreise wurde nun beschlossen, Vogl müsse für die Schubertschen Lieder gewonnen werden. Die Aufgabe war eine schwierige, da Vogl sehr schwer zugänglich war. Schober, dessen früher verstorbene Schwester an den Sänger Siboni verheiratet war, hatte noch einige Verbindungen mit dem Theater, die ihm eine Annäherung an Vogl erleichterte. Er erzählte ihm mit glühender Begeisterung von den schönen Kompositionen Schuberts und forderte ihn auf, eine Probe damit zu machen. Vogl erwiderte, er habe die Musik satt bis über die Ohren, er sei mit Musik aufgefüttert worden und strebe vielmehr sie loszubringen, statt neue kennenzulernen. Er habe hundertmal von jungen Genies gehört und sich immer getäuscht gefunden, und so sei es gewiß auch mit Schubert der Fall. Man solle ihn in Ruhe lassen, und er wolle nichts Weiteres mehr darüber hören. — Diese Ablehnung hat uns alle schmerzlich berührt, nur Schubert nicht, der sagte, er habe die Antwort gerade so erwartet und finde sie ganz erklärlich. 14) A. Liess, Johann Michael Vogl. 1954, S. 30. 15j H. Winterberger, Franz Xaver Süßmayr. Oö. Heimatblätter, Jg. 20, Heft 3/4, 1966, S. 6. — O. Wessely, Musik in Oberösterreich, 1951, S.31. ’6) Stadtarchiv Steyr, Kasten VII, Fach 15, Faszikel 376. ,7) Liess, Johann Michael Vogl, S. 30—39. 15) Deutsch, Schubert, Dokumente, S. 51. 9

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