Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 30, April 1972

verschiedenen Stadeln ungerechnet, zum meisten Teil bis in den Grund zusammen gebrunnen, maßen nur neun oder zehn darunter begriffen, davon allein die Hintergebäu, und bei teils nur blos die Dachung zu Schaden gegangen" . Der Brandschaden, den die behausten und unbehausten Bürger erlitten, belief sich auf etwa 400.000 Gulden 12). Viele von ihnen waren gezwungen, zum Wiederaufbau ihrer Behausungen beim Magistrat um ein Darlehen zu bitten. Von diesen seien hier einige in der Enge und auf dem unteren Stadtplatz wohnhafte Bürger erwähnt: Prunner Lorenz, Gschmeidler (Enge Nr. 2), Gausterer Lorenz, Weber (Enge Nr. 10), Zachhuber Michael, Maurermeister (Enge Nr. 13), Nieß Franz Joseph, Handelsmann (Enge Nr. 17), Pruner Maximilian, Schnürmacher (Enge Nr. 19), Fabris Johann, Materialist (Enge Nr. 21), Wißberger Andreas, Schuhmacher (Enge Nr. 22), Dallieber Simon, Drechsler (Enge Nr. 23), Scharizer Konrad, Lebzelter (Enge Nr. 24), Pachner Stephan, Schneider (Goldschmiedgasse Nr. 3), Sazger Jakob, Sattler (Stadtplatz Nr. 6) . Der Handelsmann Johann Derfflmayr benötigte für den Bau seines Hauses (Enge Nr. 9) die der Stadtgemeinde geliehenen 100 Gulden, ebenso verlangte der Apotheker Maximilian Matthäus Tillmez (Stadtplatz Nr. 7) die Ausfolgung seines Darlehens im Betrage von 200 Gulden 13). Einige der aus der Zeit der Gotik stammenden Häuser erhielten damals prachtvolle, dem barocken Kunstempfinden entsprechende Fassaden. Die Kunst- und Kulturepoche des Barocks reicht zurück in die Jahrzehnte des Dreißigjährigen Krieges. ,,Fast unglaublich erscheint es", schreibt K. Eder, 11 daß mitten in dieser furchtbaren Zeit bereits der Vorfrühling des Barocks anbrach. Die unverwüstliche Volkskraft manifestierte sich nicht bloß im Lebensborn, der wie unversiegbar die Wunden des großen Krieges schloß, sondern ebensosehr in einem Lebensgefühl, das mit dem Ungestüm einer Urkraft durchbrach, um später ganz Europa in seinen Bann zu schlagen. Dieses barocke Lebensgefühl ist mit seinen Ausdrucksformen gerade dem österreichischen Volke, seiner inneren Schau der Dinge, seinem Alltag und Brauchtum auf den Leib geschnitten. In der Kunst verkörpert es den Gedanken des Sieges der Wahrheit über die Ketzerei, schwelgt in der Stimmu;,.g des Triumphes und verknüpft Himmlisches und Irdisches in einer Weise, die der asketisc!i.en Glut des Spätmittelalters unbekannt war."14) In Steyr trat das 11 barocke Lebensg-:fühl" schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts durch zwei bedeutende Kirchenbauten markant in 12 ) G. Grüll, Beiträge zur Geschichte der Brände in Oberösterreich. Jahrbuch des Ober– österr. Musealvereines. Bd. 110 (1965) , 5. 278. - Die Ausgaben für die der Stadt gehörigen „Feuerbrunst Gebäu" betrugen in den Jahren 1728 und 1729 1.168 Gulden 55 Kreuzer, 2 Pfennig. Stadtkammeramtsrechnungen, Hs. Nr. 66. " 1 ) Rp. 1727, 205, 206, 209, 210, 212, 230, 235, 250. - I. Krenn, Häuserchronik der Altstadt Steyr. Phil. Diss. Innsbruck, Maschinschrift, Bd. 2 (1950). 14 ) K. Eder, Reformation und Gegenreformation in Österreich. Sonder-Abdruck aus der ,,Theol.-prakt. Quartalschrift", Jg. 1952, 1. Heft, 5. 28. 47

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