Als während des polnischen Aufstandes gegen die Russen im Jahre 1831 eine polnische Heeresabteilung auf österreichisches Gebiet übertrat, wurde im Monat Juli einigen Offizieren Steyr als Aufenthaltsort zugewiesen. Im Gefolge dieses Aufstandes wütete die Cholera, die auch schon auf Osterreich übergegriffen hatte. Als diese Seuche im September in Wien auftrat, fürchtete man, daß sie auch in Steyr eingeschleppt werden könnte. Zu den Verfügungen des Regierungspräsidiums „über die Anstalten gegen die eintrettende Collera morbus" gehörte auch, daß man fremden aus seuchenverdächtigen Gebieten den Eintritt in die Stadt verwehrte. Alle Brücken wurden besetzt und auch an den Grenzen der Stadt, gegen Nieder– österreich und Steiermark, Posten aufgestellt. Mit dieser Aufgabe wurde das Bürgerkorps betraut. Damit nicht einverstanden waren die Ehefrauen. Sie demonstrierten im Rathaus, weil sie meinten, ,,daß ihre Männer unnützer Weise dem Erwerbe entzogen würden". Diese Aktion der Gattin– nen ließ beim k. k. Kreiskommissär die Vermutung auftauchen, daß in der Stadt ein „Aufruhr" zu befürchten wäre. Der Kreiskommissär witterte „in jedem Zwiegespräch von Bürgern oder anderen Personen revolutionäre Umtriebe" und wurde in seinen Vorstellungen durch die Anwesenheit der Polen, des Generals Dwernicki und der vorerwähnten Offiziere bestärkt. Es wurde von Linz eine Kompanie regulären Militärs vom Regimente Erzherzog Karl nac;h Steyr entsandt, das die vom Bürgerkorps bisher bezogenen Wachen ablöste. Der Kommandant, Hauptmann Airoldi, konnte sich überzeugen, daß die „Befürchtungen wegen einer Revolte in Steyr" grundlos waren85 ). Im Krankenhaus bei St. Anna und im „Pfarrhöfel außer dem Kapuziner– kloster" richtete man alles für die Aufnahme von Cholerakranken her. Auch ein Friedhof wurde auf dem Steinfelde fertiggestellt und kirchlich eingeweiht. Durch ein Dekret des Regierungspräsidenten wurde die Stadtkasse beauf– tragt, Vorschüsse gegen späteren Ersatz für die Errichtung von Anstalten für Cholerakranke im Distrikt zu leisten. Bürgermeister Reisser wendete ein, daß die Stadtkasse solche Aufgaben nicht bestreiten könne, da der Voranschlag für das Jahr 1832 einen kleinen Abgang auswies. Der Bürger– meister schlug vor, die vorhandenen Krankenanstalten sollten entweder auf Rechnung des Kommissariates oder auf Rechnung der Stadtkammer, gegen künftigen Ausgleich, vorläufig den Betrag von 500 Gulden C. M. zu fünf Prozent Zinsen aufnehmen und darüber einen Schuldbrief ausstellen. Damit würde vorläufig der dringendste Bedarf gedeckt werden. Ein Rund– schreiben der Regierung, das am 29. Oktober eintraf, ordnete an, die vorbereiteten Cholerafriedhöfe wieder aufzulassen, da keine Gefahr mehr für eine weitere Verbreitung der Seuche bestand86 ). 85 ) LV 5, 36 ff. 86 ) RP 1831, 273, 292, 299, 306, 319, 335. 34
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