Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 29, Oktober 1969

(Eine zusätzliche Schwierigkeit ergab sich im Verkehr mit den Franzosen durch das Unvermögen, sich französisch verständigen zu können. Dem Magistrat stand als Dolmetscher ein pensionierter k. k. Beamter des vormaligen Guberniums der österreichischen Niederlande, Karl Lestrade, zur Verfügung, der, wie in den Ratsprotokollen vermerkt roirb,44) „auch in den unangenehmsten Geschäften mit dem Bürgermeister und anderen Bürgern zu den französischen Generälen und Kommandanten ging, sich selbst oft harten Begegnungen aussctzte und dem Magistrat und der Bürgerschaft sehr teure (wertvolle) und unermudete (unermüdliche) Dienste leistete". Lestrade verfaßte auch alle schriftlichen (Eingaben an die Besatzungstruppen. Die Stadtgemeinde belohnte seine Dienste während der 89 Tage seiner Tätigkeit mit 445 Gulden. Weitere französische Truppenkontingente zogen in den folgenden Tagen in die Stadt ein; am 25. Dezember errichtete General Moreau sein Hauptquartier im Schloß Lamberg. Eine Abordnung unter Führung des Bürgermeisters sprach bei ihm vor und schilderte die trostlose Lage der Bevölkerung, die durch die umfangreichen Einquartierungen entstanden war. Auch wies der Bürgermeister aus den sich bereits abzeichnenden Mangel an Lebensmitteln hin. Wohl war schon vor dem Einrücken der Franzosen eine Kommission gebildet worden, die eine geregelte Verteilung der Nahrungsmittel vornehmen sollte, doch waren die meisten Mitglieder beim Einmarsch der Franzosen geflüchtet. Bürgermeister und Stadtschreiber hatten in der ersten Besatzungszeit nun zu allen ihren sonstigen Bürden auch noch die mühselige Arbeit, die Lebensmittelversorgung einigermaßen zu regeln, aus sich zu nehmen. Moreau zeigte Verständnis für die Lage der Stadt. Noch am Tage der Vorsprache setzte er Truppen nach Niederöstereich in Marsch. Zwei Divisionen unter General Lecourbe wurden am folgenden Tage in die Steiermark verlegt. In der Stadt verblieb die Division des Generals Durulte, der fein (Quartirr im Schloß aufschlug. General Merveldt, der seinerzeitige Parlamentär, hatte in Wien über die militärische Lage berichtet, der Kaiser entschloß sich unter allen Bedingungen einen Frieden zu erreichen. Generalmajor Graf (Brünne und (Oberst Weyrotter, die Generaladjutanten Erzherzogs Karl, wurden, mit den entsprechenden Vollmachten versehen, nach Steyr geschickt, um hier die Verhandlungen auszunehmen. Noch war die Ennsbrücke nicht instandgesetzt, sie mußten also den Fluß in einem Boote übersetzen. In der Wohnung des Dr. med. Hofmann in der Löwen-Apotheke (Enge t) trafen sie mit dem französischen Beauftragten Victor Fanneau Lahorie, dem Generaladjutanten des Feldherren Moreau zusammen, um die Verhandlungen zu pflegen, die vorläufig zu einem auf 50 Tage befristeten und >5 Tage vorher aufkündbaren Waffenstillstand führten,4^) dem am 9. Februar n 801 der Friedensschluß zu Luneville folgte. Am tg. März endlich zogen die letzten Franzosen in Richtung Kremsmünster ab. Nochmals schien die Stadt von einem Einmarsch bedroht, als französische Divisionen am 25. März in das Traun-, Mühl- und Hausruckviertel einrückten, doch ging der Leidenskelch einer neuerlichen Besetzung diesmal an Steyr vorbei. Am 6. April verließen auch diese Truppen das Land. «) RP 1801 A,1,30. «) LV 6,26. 25

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