Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 28, Dezember 1967

die schon einmal um So g erhöbt worden war, in der folgenden Woche auf 500 g zu erhöben. Bei Ausfall der Anlieferungen allerdings, würde es notwendig fein, die Wochenrationen wieder zu kürzen. In derselben Woche konnte auf Abschnitte der Ernährungskarte ein Kilogramm Frühkartoffel und für Kinder und Kranke ein Li zugeteilt werden. Die Gemüfeversorgung war im eigenen Bereich nur zum Teil möglich, doch lag beim Ernährungsamt eine Zusage des Bezirkes perg vor, daß dieser einen Teil seiner Überschüsse nach Steyr=©ft abgeben wollte. Don Mai bis Juli ;945 waren auch die im Westteile der Stabt wohnenden Angehörigen der Steyrwerke von ihrer Arbeitsstätte abgeschnitten. Da nur wenige von ihnen über Ersparnisse verfügten, mußten sie aus Mitteln der öffentlichen Fürsorge unterstützt werden. In dem von den Sowjetrussen besetzten ©ftteile befanden sich der Bahnhof mit dem in dessen nächster Umgebung befindlichen Brennstofflager der Stadt und vor allem jene Arbeitsstätte, in der der Großteil der Steyrer Bevölkerung Arbeit und Verdienst fand, die Steyrwerke. Die trostlose wirtschaftliche Sage dieses Stadtteiles schildert sehr treffend ein Bericht: „Am 7. Mai gab es in Steyr-Vst kein Brot, keinen Sack Getreide oder Mehl,... keine Milch und keine Fahrzeuge. Ls war eine Sensation,... als zum ersten Male nach langer Zeit zwei Dekagramm Butter für jedes Kleinkind ausgegeben werden konnten." (Eingefügt sei hier, daß die Bevölkerung der Stadt, die $058 rund 59.000 Personen betrug, anfangs irn.i eine Erhöhung auf rund 54.0O0 Köpfe erfahren hatte. In dieser Zahl sind die vielfach in Wohndaracken und sonstigen behelfsmäßigen Unterkünften untergebracht gewesenen, nicht ortsansässigen Beschäftigten der Steyrwerke, eingerechnet. Im Jahre 1942 arbeiteten allein in den Steyrwerken rund $6.000 Personen, unter ihnen etwa 6.000 Ausländer. Unmittelbar nach Kriegsende wuchs die Bevölkerung der Stadt durch Zuzug von Flüchtlingen, Fremdarbeitern und ehemaligen Insassen von Konzentrationslagern auf rund 70.000 Personen an. Im Westteil der Stadt mußte das Lrnährungsamt zu den hier Wohnenden auch noch die rund 20.000 von den Amerikanern in Sägern festgehaltenen Kriegsgefangenen des Bezirkes Steyr mitversorgen. Dies machte die Errichtung eines eigenen Sebensmittellagers in diesem Stadtteile notwendig, von dem aus die gesamte Versorgung der Kriegsgefangenen und Flüchtlinge erfolgte. Unbeschreiblich war die Wohnungsnot in beiden Stadtteilen. Alle Schulen, Sa- gerbaraefen, Gasthöfe, Scheunen und Tennen in Bauerngehöften wurden als Massenquartiere herangezogen. Für die Verwaltungstätigkeit bedeutete es überdies eine besondere Erschwernis, daß über Telegraf und Telefon eine Sperre verfügt wurde, die auch den Verkehr mit den Dberbehörden verzögerte. In Steyr-Vst wurde im Einvernehmen mit Repräsentanten der Roten Armee der Büchsenmacher Johann Kahlig zum Bürgermeister bestellt und eine provisorische Stadtverwaltung eingerichtet. Dem Gemeinderat gehörten nachstehende Herren, als Vertreter demokratischer Parteien der Vorkriegszeit, an : Karl Blöderer, Karl Hübsch, Vinzenz Ribnitzki, Johann Schanovski, Thomas Trunk und Josef Wöhrer. Bei der konstituierenden Sitzung des im Hause Bahnhofstraße 5 untergebrachten „Gemeindeamtes Steyr, rechts der Enns" am 6. Juni $945 verwies Bürgermeister Kahlig auf die Tatsache, daß der Ausbau der neuen Gemeindeverwaltung „aus dem Nichts und vorerst ohne Geldmittel" erfolgte. Nach Angelobung der neu bestellten Gemeindräte wurde die Annahme eines vorläufigen neuen Gemeindestatutes, das „demokratischen Geist widerspiegelt", beschlossen. 76

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