Durch dir „Allgemeine Schulordnung für die deutschen Normal-, £)aupt= und Trivialschulen in sämtlichen Kaiferl. König!. Erbländern d.d. Wien den Ste» December 1774" wurde in Österreich das Schulwesen aus neue Grundlagen gestellt. Nach diesem Gesetze, dessen Verfasser Prälat Johann Ignaz Felbinger aus Sagan in Preußisch Schlesien war, sollten in jeder Provinz Normal-, Paupt- und Trivialschulen (Elementarschulen) errichtet werden. Um angehende Lehrer mit der neuen Lehrart vertraut zu machen, waren die Hauptschulen mit Lehrerbildungsanstalten verbunden?") So wurde auch in Steyr, der damals schon sehr bedeutenden Stadt, eine Hauptschule im früheren Gebäude der Lateinschule des Jesuitenordens (heute Michaeler- platz io) errichtet. Mit Schreiben der Landeshauptmannschast vom 50. Juli 1775 wurde der Stadtverwaltung bekanntgegeben, daß als Direktor für diese Schule Amand pcrghoser bestellt worden war. Dem Magistrate wurde dessen „Sehutztra- gung" anbesohlen?^ > In Gegenwart des Bürgermeisters wurde am 5. November die Schule mit einer Festansprache des Direktors eröffnet. In einer anschließenden Rede brachte Stadtschreiber Dr. Kitab den Dank des Gemeinwesens für die Errichtung dieser Unterrichtsstätte zum Ausdruck?3) Schon zwei Wochen vorher waren die viertelmeister ins Rathaus gerufen worden, wo ihnen bekanntgegeben wurde, daß die Hauptschule ihre Pforte öffnen und ihr der Unterricht „gratis" erteilt würde. Jene Stadtbewohner, die Knaben im Alter von 6 bis 15 Jahren unterrichten lassen wollten, hätten sich beim Direktor zu melden?") An dieser damals dreiklassigen Schule wurde ein Vorbereitungskurs für Lehrer und andere Personen, ivie z. B> Studierende des Stiftes Garsten, abgehalten, um sie mit den neuen Methoden bekannt zu machen?") Nach dem sieben Monate dauernden Präparandenkurs mußten die Schulmeister eine Prüfung ablegen, sie erhielten jedoch über diese kein Zeugnis. Die Steyrer Hauptschule wird in den Ratsprotokollen oft „Normalschule" genannt, was sicherlich wegen des durchgesührten Vorbereitungskurses geschehen ift.30 * 32 33 34 5 36) Für die Schulmeister der fünf städtischen Elementarschulen -Trivial schulen?^ > bedeutete die neue Hauptschule einen verdienstentgang, viele arme Eltern schickten ihre Kinder in die Hauptschule, weil sie das wöchentliche Schulgeld von : bis 5 Kreuzern in den städtischen Schulen nicht bezahlen konnten und der Unterricht in der vorgenannten Schule kostenlos erfolgte. Ls war nun so weit, daß si.ü die Schulmeister wegen der verminderten Einnahmen kaum die notwendigsten Lebensmittel kaufen konnten. Man hatte den Lehrkräften zwar bei der Errichtung der Hauptschule eine Iahresentschädigung von 50 Gulden versprochen, doch dieses versprechen nicht eingehalten. Außerdem hatten die Schulmeister mittellose Kinder, die sich das tägliche Brot erbetteln mußten und daher die Schule nicht regelmäßig besuchten, ohnehin unentgeltlich zu unterrichten. „Winkelschulen" trugen außerdem bei, den Verdienst der Schulmeister zu kürzen. 30) LV 14,347 ; LV 35,333. 31) RP 1775,209. — Dr. Ofner hat das Wirken dieses verdienstvollen Schulmannes in seinem Aufsatze „Zur Geschichte des Schulwesens der Stadt Steyr im 18. und 19. Jahrhundert“ geschildert. 32) LV 34,8. 33) RP 1775,277,286. 34) LV34,8. 35) z.B. RP 1775,209 : „Anstellung des hiesigen Direktors zur Normal Schull .“ An der Haupt schule unterrichteten außer dem Direktor vier weitere Lehrkräfte. 36) Aichet, Berggasse, Ennsdorf, Gleinkergasse, Sierningerstraße. 46
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