Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 28, Dezember 1967

Hochamt zelebrieren und eine Dankprozession durch die Stabt ziehen. Außerdem mußten je drei Messen bei den Kapuzinern und Dominikanern gelesen werden/') Große Aufregung herrschte in Steyr als ein „k. k. Landeshauptmannschaftlicher protokollist", ein für die Stadt eingesetzter Kommissar, beim Stadtchirurgen Johann Sebastian Keim, einem Mitgliede des Inneren Rates, und beim Bader Cajetan Rauscher eine Visitation der vorrätigen Medikamente vornahm, überdies ließ der erwähnte Kommissar am folgenden Tage, dem 9. Juli 1767, die vier bürgerlichen Bader und Lhirurgen der Stabt42) mit ihren Gesellen ins Rathaus laden, um ihnen hier, in Gegenwart des Arztes Dr. Hann und des Apothekers Stäuber zu verkünden, daß künftig den Ladern und Lhirurgen der Stadt die Ausgabe von Medizin und die „Kurierung" von Kranken, sowohl in der Stadt als auch auf dem Lande, bei Androhung von Strafen im Übertretungsfalle, untersagt wird. Der Magistrat mußte für die strikte Einhaltung dieser Anordnung sorgen. Diese Verbote fanden durchaus nicht den Beifall der Bevölkerung. Zwei „Gemeindefürsprecher", Buchbinder Holtzmayr und Tuchscherer Würst, sprachen beim Rate namens der Bevölkerung vor, um zu bitten, den „bürgerlichen chy- rurgis" auch weiterhin Krankenbesuche zu gestatten und ihnen das vertrauen nicht zu versagen. Der jetzt allein für Krankenbesuche zuständige „practicus" Dr. Streb pflege zur Nachtzeit keine Besuche zu machen und so würde die Bevölkerung ohne die Bader „in großer Noth gelassen". Den beiden Vertretern der Bürgerschaft wurde erklärt, daß der Magistrat die diesbezüglich erlassenen Verordnungen befolgen müsse, doch stünde es ihnen frei, sich bei der Landeshaupt- mannfchaft über das Vorgehen gegen die Bader zu beschweren, was auch geschah. Einige Tage später ersuchte das Ratsmitglied Keim den Magistrat, ihm ein Attest seines Könnens zu geben. Mit diesem wollte er bei der Landesregierung ansuchen, ihm das eingestellte „curiren und mediciniren" wieder zu erlauben. Das Ratskollegium versicherte Keim, daß nicht nur der Magistrat, sondern auch die ganze Bevölkerung erfreut wäre, wenn man ihm wieder die Ausübung seines Berufes gestatten würde. In weiterer Folge kam es zu Auseinandersetzungen persönlicher Natur zwischen dem Arzt Dr. Streb und dem Stadtchirurgen. Streb behauptete, das Almosengeben Keims „und fein bezeugendes Ehristentum seye nur eine Gleisnerey und Spitzbuben Stuckh". Außerdem meinte Dr. Streb, daß Keim den „Leuten die Golddukaten aus dem Sack locke". Die Einstellung ärztlicher Tätigkeit der Bader und Lhirurgen hatte zur Folge, daß diese um Ermäßigung der Steuern baten. Doch entschied der Magistrat, daß eine solche erst in Erwägung gezogen werden könnte, wenn der Einspruch gegen die Aufhebung ihrer Berufstätigkeit keinen Erfolg hätte.42) Trotz der Friedenszeit war noch immer kein erwähnenswerter Wohlstand in der Stadt eingekehrt. Weite Kreise der Bevölkerung hatten einen schweren Kampf um das tägliche Brot zu bestehen. So mußte Bürgermeister Angerholzer dem Rate int September 1769 berichten, daß sich die „Armen täglich vermehren". Er schlug vor, für eine Anzahl von ihnen in den Armenhäusern der Stadt Unterkunft zu <’) RP 1768,58. 42) Stadtchirurg und Mitglied des Inneren Rates Johann Sebastian Keim, bürgerliche Bader und Chirurgen Cajetan Rauscher, Ambrosi Adam und Jacob Schneider. 43) RP 1767,159,168,192,197. 33

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