Eintragung im Sterbebuch 111 des Stadtpfarramtcs Steyr vom 27. Oktober 1727: „27. Herr Johann Adam Wilhelmb. 78. icchr alt, apoplexia Jactus, subito obyt. Ist mit dem großen gleich bey denen H. H. Dominicanern beygesezt worden." Während der Amtsperiode Bürgermeister Wilhelms starb am 11. April 1711 der Landesfürst, Kaiser Joseph I. An den Trauerfeierlichkeiten in der Stadtpfarrkirche, die Abt Anselm hielt, nahm der gesamte Magistrat teil.12) Die Krone ging auf den Bruder des Verstorbenen, Karl VI., über, der auf Betreiben Englands in Spanien als Gegenkönig des von den Franzosen geförderten Philipp von Anjou kämpfte. Um die Heimreise Karls aus Spanien zu „befördern", wurden in den Erblanden Darlehen aufgenommen. Auch der Steyrer Magistrat erhielt am 13. Juli 1711 ein Dekret des Landeshauptmannes, in dem die „Einbringung eines Darlehens" für den erwähnten Zweck gefordert wurde.12) Der Tod Joseph I. hatte die Machtbeziehungen in Europa von Grund auf geändert. An der Vereinigung des spanischen Weltreiches mit der österreichischen Hausmacht und der deutschen Kaiserkrone waren die Verbündeten des Erbfolge- krieges, vor allem England, uninteressiert. Die gehäufte Macht in der Hand des letzten männlichen Habsburgers, Karls VI., barg die Möglichkeit in sich, ein neues Weltreich dieser Dynastie errichten zu können. Daher stand man dieser Entwicklung ebenso ablehnend gegenüber, wie bisher einer das europäische Gleichgewicht störenden Vereinigung Spaniens mit Frankreich. England verließ das Kricgsbündnis gegen Frankreich und schloß am 11. April 1713 den Frieden von Utrecht, der die englische Übermacht auf dem Meere und im Welthandel begründete und auf dem Kontinents ein Gleichgewicht schuf. Der Krieg gegen Frankreich wurde durch Karl VI. mit wenig Erfolg fortgesetzt und erst durch den Frieden zu Rastatt am 7. März 1714 beendet. Aus dem spanischen Erbe wurden für das Haus Österreich die südlichen Niederlande (Belgien) und dessen italienische Besitzungen, Mailand, Neapel und Sardinien (das später gegen Sizilien eingetauscht wurde) gewonnen. Frankreichs Kraft war erschöpft und die Gefahr seiner Vorherrschaft in Europa beseitigt. Zwei Jahry später versuchten die Türken das 1699 an Venedig verlorengegangene Morea wiederzugewinnen. Als Verbündeter Venedigs benützte Österreich diesen Anlaß, um in den Entscheidungsschlachten von Petcrwardein und Belgrad für lange Zeit die türkische Angriffskraft zu brechen^ Die niederösterreichische Regierung hatte „wegen der anscheinenden Türkengefahr" im Mai 1717 den Magistrat aufgefordert, täglich zur Frühmesse in allen Kirchen der Stadt die Glocken läuten zu lassen, außer bei Hochzeiten Musik und Tanz zu verbieten, und die Bevölkerung aufzufordern, sich eines „gottgefälligen Wandels zu befleißen."") Zur Erbittung des göttlichen Beistandes wider die otto- manischen Waffen" wurde im August in der Stadtpfarrkirche ein vierzigstündiges Gebet gehalten.") Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt wurde durch die Kriegswirren und die in ihrem Gefolge auftretenden Seuchen gehemmt. Als Folge 12) RP 1711, 71. ”) RP 1711, 127. ") RP 1717, 136. ") RP 1717, 147. 28
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