Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 25, Dezember 1964

Kämpfen im Grenzgebiet geriet auch ein Sohn des Steyrer Krämers Georg Mill- ner in Gefangenschaft. Noch 1668 befand er sich als Gefangener auf der türkischen Galeere „Dernis olu di ©minie".17) Wegen des ständigen Druckes der türkischen Militärmacht auf die Ostgrenzen waren schon unter Kaiser Ferdinand 111. in Ungarn größere Truppenverbände unterhalten worden, für die auch das Land ob der Enns und in weiterer Folge dessen Städte, unter ihnen Steyr, anteilmäßig aufzukommen hatten.1«) In Steyr wurde Pulver für das kaiserliche Heer im Khnöblturm, nächst dem heutigen Heimathause, gelagert.19) Vom Bistume Passau war 1661 die Abhaltung von „Türkengebeten" ungeordnet worden. Der Rat beschloß am 1. Oktober 1661 das bezügliche Passauer Patent dem Abte nach Garsten weiterzuleiten, „mit dem Vermelden", daß man es in Steyr für gut finde, täglich eine Messe zu lesen sowie eine Litanei zu singen. Da man aber zu diesem Gottesdienste nicht die ganze Bürgerschaft auffordern könne, habe man entschieden, immer ein anderes Viertel der Bürger daheim zu lassen. Außerdem sollten nachmittags und nachts zu bestimmten Zeiten alle Glocken der Stadt geläutet mexben.20) Ein neuerliches bischöfliches Patent über das Abhalten von Gebeten wegen der Türkengefahr wurde dem Magistrat aus Passau im Jahre 1663 übersandt. Da in Steyr an Sonn- und Feiertagen ohnehin sechs Stunden gebetet wurde, verfügte der Rat nunmehr, daß jede Stunde die Bewohner von vier der vierundzwanzig Stadtviertel an den Gebeten teilnahmen. So konnte die gesamte Einwohnerschaft erfaßt werden.21) Ein weiterer Befehl, Gebete in der Dauer von 40 Stunden für einen „guten Fortschritt der kaiserlichen Waffen und die Erlangung männlicher Nachkommenschaft" (im Kaiserhause) abzuhalten, erreichte die Stadt im Juli 1677.22 23 24 ) 1663 brach der Großwesir Ahmed Köprili nach dem Abbruch aller Friedensverhandlungen mit mehr als 120.000 Mann aus Konstantinopel gegen das Habsburgerreich auf. Die den österreichischen Ländern drohende Gefahr veranlaßte die Stände in Linz, am 14. Juni 1663 die Ennsufer befestigen zu lassen, da man einen eventuellen Angriff der Türken von Niederösterreich her befürchtete.2«) Dem Magistrate wurde der Auftrag erteilt, alle gedienten Soldaten Steyrs listenmäßig zu erfassen und überdies nach Linz zu melden, wieviele „grobe" (schwere) Geschütze in der Stadt vorhanden wären.21) Der Rat beschloß nun, Stadtrichter Galmperger, den Stadthauptmann, mit der Aufgabe zu betrauen, den Stand der Bewaffnung der Bürgerschaft, unter Zuziehung seiner Offiziere, zu erheben. Jene Bürger, die keine Gewehre hatten oder solche zu kaufen nicht imstande waren, sollten sie durch die Stadt erhalten. Bürgermeister und Stadtrichter wollten die Geschütze besichtigen, um festzustellen, wie weit sie reparaturbedürftig wären. Außerdem wurde der Auftrag erteilt, eiserne Kugeln zu schmieden, sowie Schrankbäume und Wachthäus- chen aufstellen zu taffen.25 26) Ein Überschlag erbrachte, daß die Instandsetzung der Geschütze und die Bereitstellung eines entsprechenden Bedarfes an Kugeln und Pulver die Summe von 1510 Gulden 7 Schilling 23 Kreuzer notwendig machte.2«) 17) RP 1668, 239, 243. !8) RP 1652, 363. 19) RP 1653, 201. Im August 1670 wurde das in Steyr lagernde Pulver über Befehl des Hofkriegspräsidenten nach Enns überführt (RP 1670, 228). 20) RP 1661, 184. 21) RP 1663, 155, 22) RP 1677, 283. 23) LV 9, 270. 24) RP 1663, 146. 25) RP 1663, 156. 26) RP 1663, 157. 6

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