Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 25, Dezember 1964

stammen. Die Sakristeitür weist als zentrales Motiv zwei senkrechte Rundstäbe auf, die von einem gebogenen Rundstab überjchnitten werden. Die verdickten Basen der senkrechten Rundstäbe sind skulptiert. Nichts Hartes, Kantiges haftet diesen drei Türgewänden an. Die Lage des Turmes zwischen der Eingangshalle und der Kirche gereicht dem Bild des Gebäudekomplexes zum Vorteil; er steht nordwestlich an die Kirche anschließend. Seine Nordwand und die der Kirche bilden eine Linie. Die obersten Fenster sind aus der Renaissance, sedoch in romanischen Formen gehalten. Nicht mehr nachempfinden können wir die Gründe, die den Bauleiter bewogen, der Kirche rechteckige Form zu geben. Buchowiecki will für viele der rund 50 österreichischen Kirchen der Gotik mit geradem Chorabschluß Verbundenheit mit der alten Holzbauweise fef>en.23) Maximale Baugrundnutzung könnte einer der Gründe gewesen sein, rechteckigen Grundriß zu schaffen. Es lag jedenfalls nicht in der Absicht, einen (wegen der Brückendurchfahrt stark überhöhten) Ostchor dranzubauen; die Spitalskirche stellt eine allseitig geschlossene Einheit dar. Als guter Vergleich bietet sich die Wiener Neustädter Georgskapelle an. Es wäre ein großer Gewinn für das künstlerische Bild von Steyr, wenn die Kirche in ihre ursprüngliche Form zurückgeführt würde, aber dies muß eine Utopie bleiben. Wichtig und teilweise möglich wäre es immerhin, festzustellen, ob sich unter dem Verputz Reste alter Bemalung erhalten haben. Preuenhueber teilt uns mit, daß „in der Kirchen drinnen an der Wand . . . Teutschen Reimen" angeschrieben sind, deren Text er überliefert.24 25 26 ) Noch fällt es schwer, die Stellung der Spitalskirche im Schaffen der Steyrer Viertellade (der fast alle gotischen Kirchen des Gebietes zuzuschreiben sind) zu beleuchten, da hier die Forschungslage ungünstig ist. Hier können somit nur einige Anregungen gegeben werden. Unsere Stadtpfarrkirche (1443—■ 1522), der bedeutendste und beispielgebende Bau der Steyrer Viertellade, läßt auf den ersten Blick keine Verwandtschaft mit der Spitalskirche erkennen. Beide Kirchen gehören zwei verschiedenen Stilphasen an, aber sie müssen zur selben Zeit in Arbeit gewesen sein. Die Rippenrhomben mit den gekurvten Seiten, die sich in jeder Jochmitte der Spitalskirche finden, hat aber schon Hanns Puchsbaum gekannt; Rhomben mit gekrümmten Seiten hatte er schon auf seinem Chorgrundriß der Steyrer Pfarrkirche für die Mitten der Gewölbefelder der Seitenschiffe vorgesehenes) Die — nicht Puchsbaums Plan entsprechenden — Figurationen der Seitenschiffgewölbe in der Stadtpfarrkirche ähneln aber noch eher der Figuration in der Spitalskirche. Zusammenhang mit der Figuration der Spitalskirche (und jedenfalls der der Seitenschiffe des Chores der Stadtpfarrkirche) dürfte jene des Langhausgewölbes in Rems aufweisen. Das Remser Gewölbe wurde nach 1500 statt einer früheren Flachdecke eingebaut. Die Langhausmauern sind hier noch romanisch. An Stelle der gewundenen Rippen der Spitalskirche finden wir hier schon ein Rippenrechteck in den Jochmitten, wie es so typisch ist für die Steyrer Bauhütte. Das Gewölbe in Rems ist reicher ausgeschmückt und im Detail durch komplizierteres Rippenprofil und angedeutete Verstäbungen lebhafter als jenes der Spitalskirche. So ist die Remser Figuration in Nachfolge der beiden Steyrer Figurationen entstanden, die sic ornamental ausschmückt, in logischer Weise die gewundenen Rippen aufgebend. Das Gewölbe der Orgelempore in der Pfarrkirche von Wartberg ob der Aist hat ein ähnliches Schema wie das Gewölbe der Steyrer Spitalskirche, nur ist es hier einfacher. 1508 wurde die Kirche in Wartberg ob der Aist geweiht.-«) 23) Buchowiecki, Walther: Die gotischen Kirchen Österreichs, Wien 1952, p. 54. 24) Preuenhueber a. a. O. p. 40. 25) Grimschitz, Bruno: Hans Puchspaum, Wien 1947, Bildtafel Nr. 42 zeigt Puchs- paums Grundriß für den Chor der Steyrer Stadtpfarrkirche. 26) Ulm a. a. O. 68

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2