Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 25, Dezember 1964

borf.79) Auffallend wirkt in Steyrdarf das ungewöhnlich fchmale, noch aus romanischer Zeit stammende Haus K i r ch e n g a s s e Nr. I.80) Es befand sich 1520 im Besitze des Handelsherrn Lorenz Guetprot, der es 1521 der Messererzeche vergabt^ Diesem Handwerksverband war 1490 die Aufsicht über die Praunauersche Meßstiftung im Bürgerspital übertragen worden. Im „Zechhaus der Messerer" wohnten der Kaplan der erwähnten Meßstiftung sowie der Kaplan der Mefserer- pnft.81 82 * ) . . . Nach den Aufzeichnungen von F. Berndt gehörte 1543 das Haus Kirchengasse Nr. 2 dem Bäckermeister Peter Müller.8?) Das Portal und der Arkadengang im Hof entstanden in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.8») Die schönste Hofanlage der Stadt besitzt das Apothekerhaus in der Kirchengasse (Nr. 16). Der mit reich geschmückten Säulen ausgestattete Arkadengang im vorderen Hofrauni, zu dem man durch ein prächtiges Borhangportal gelangt, dürfte von 1520 bis 1525 unter dem Besitzer Lorenz Guetprot, der zu den angesehensten Ratsbürgern zählte, aufgeführt worden fein.84 * * ) Beachtenswerte Fenstergewände aus gotischer Zeit wurden 1960 am Hause Gleinker Gasse Nr. 21 bloßgelegt. Dieses Gebäude, früher Gasthaus „Zum Hechten",88) grenzte nach den Forschungen Berndls an die „fünf Hofstätten am Bühel" (Schuhbodengasse), 1439 soll es Hans Kapenfuß besessen haben.88) Bedeutende spätgotische Baureste kamen in jüngster Zeit (1963) auch bei Restaurierung des Hauses Haratzmüllerstraße Nr. 10 zum Vorschein. Bei vielen anderen Wohnbauten der Altstadt aber ruht gotische Kunst noch unter dem Mörtel der letzten Jahrhunderte, so daß in Zukunft mit weiteren „Entdeckungen" in dieser Hinsicht gerechnet werden kann. Der Großteil der oben angeführten Bürgerhäuser gehörte nicht nur im 15. und 16. Jahrhundert, sondern auch in den folgenden Jahrhunderten vermögenden Handels- und Wirtsleuten. Bescheidener, aber ebenso geschmackvoll gestaltet waren die Wohnbauten der selbständigen Handwerker-Bürger. Roland Anheißer charakterisiert in seinem reich illustrierten Werk „Das mittelalterliche Wohnhaus in deutschstämmigen Landen" das gotische Steyrer Bürgerhaus wie folgt: „Steyr, dies Kleinod Alt-Osterreichs, mit seinen lustigen Häusern, die ihre hohen Dächer wie lange Mützen bis an die Augen gezogen haben, wo die Fassade als gemütliches Gesicht mit Runzeln und Falten hervorlugt und an längst entschwundene, so viel herzvollere Zeiten gemahnt, als unsere aufwendige laute Gegenwart. Die Gotik der steyrischen Bauten ist einzig schön, ein origineller Typus dieses,Bummerl- haus' und seine vielen einfacheren Genossen. Die prächtige Fassade, die hohen Walme,, der erkerartige Vorbau des ersten Stockwerkes, und alles mit gotischer Zier übersponnen. Dazu die malerischen Höfe mit ihren weiten Arkadengängen, Treppen und Gewölben, ein gemütliches Wohnen; eine behagliche und mit schönen Formen gezierte Behausung solch ein Steyrer Wohnhaus alter Zeit."87) 79) V. Preuenhueber, a. a. £X, S. 76 f. — A. Rolleder, Heimatkunde von Steyr (1894), S. 139. ..................... so) Vgl. I. Ofner, Kunstchronik der Stadt Steyr. VKSt., Heft 24 (1963), S. 35. 81) Der Bürgert. Messerer Stephan Praunauer stiftete 1490 mit 600 Pfund Pfennig im Bürgerspital 4 Wochenmessen. K. Eder, Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung (1933), S. 59 f. — Bei Renovierung des Hauses 1954 wurde im Giebelfeld ein Fresko, darstellend das Zunstzeichen der Messerer (Krone mit 3 Schwertern) freigelegt. 82) F. Berndt, Häuserverzeichnis d. Stadt Steyr. Manuskript (o. I.), fol. 186. ss) Dehio, a. a. O., S. 335. 84) Dehio, a. a. O., S. 335. — F. Berndt, a. la. O., S. 179. ss) Heute „Hechtendiele". se) F. Berndt, Die fünf Hofstätten am Bühel in Steyr. Steyrer Zeitung, Unterhaltungsbeilage v. 12. 5. 1960. 87) R. Anheißer, Das mittelalterliche Wohnhaus in deutschstämmigen Landen (1935), S. 330. 56

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2