Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 24, Dezember 1963

Joachim Händel, der Richter von Steyr, herrscht auf Schloß Vogelfang (@i. Schw. I, 33), das mit Ecktürmen und Giebeln versehen, jenseits des Stadtwalls, und außer dessen Schirm liegt (I. 341). Die Gegend wird durch die Schrottbrücke mit Steyrdorf verbunden (I. 227) und Händel kann von einem seiner Zimmer, das nach Nordwest geht, aus Vorgänge in Steyrdorf und Wieserfeld beobachten, wo seine berühmte Stahlschneiderwcrkstatt bei einem Volksauflauf zerstört toirb.25) Es schwebte ihr dabei das Stöckl des Lambergschlosses vor Augen, nicht etwa das von I. Werndl erbaute Schloß Voglsang. Das Schwertnerhaus, ein „Bestandhaus" des Abtes von Kloster Garsten in Steyrdorf (I. 44), liegt „oben in der Gleinkerstraße, der Friedhofstiege gegenüber", ein einsames, ungeschmücktes Haus (1. 92 f.), ein Gasthaus in Wieserfeld, wie es (1. 204) auch genannt wird, „Zum blauen Hirschen" geheißen,23) wohl an der Ecke von Wieserfeld und Gleinkerstraße anzunehmen. Noch werden neben dem Rathaus auf dem Stadtplatz das Pfefferlhaus, das Amorthaus, das Haus des Patriziers Adler in der Berggasse namentlich erwähnt, alles geschichtlich beglaubigte Gebäude. Ist nun auch die Handlung der Romane frei erfunden, so erzielt Handcl- Mazzetti Glaubwürdigkeit und Zeitfärbung nicht nur durch Nennung echter Orl- lichkeit, sondern auch durch Nennung geschichtlicher Gestalten, mögen diese auch nur von lokalgeschichtlicher Bedeutung sein. Hiefür seien nur einige Beispiele angeführt. Bürgermeister Radlinger22) und Bürgermeister Johann Mayr;23 *) der Ausrührer Jakob Greimbl.22) Der protestantische Latein-Schulmeister Georg Mauritius, auch als Dichter bekannt, der 1600 fortziehen mußte,30) der katholische Schulmeister Wolfgang Lindner, der im Auftrag des Klosters Garsten seine Annalen aufzeichnet,3') und der, als die katholische Schule in der Berggasse gesperrt wird, als Winkelschreiber auf den Dörfern sich sein Brot verdient; der Färbermeister Jakob Zettl (A. M.), der in der Langegasse 14 sein Anwesen besitzt; der Jesuit P. Georg Scherrer,32) dessen Predigten angeblich von P. Albert abgeschriebcn werden; der Eisenobmann Georg Adler33 und noch mancher andere, vor allem aber Valentin Prevenhuber,34 35) Sekretär der Innerberger Gewerkschaft und Verfasser der Steyrer Annalen, der später wegen seines Glaubens nach Regensburg auswandern mußte33) und der noch in St. Schweriner (III, 38) genannt wird. All das werden auch heute in Steyr lebende Leser herausfinden können. Anders aber steht es mit der Vorliebe Handet-Mazzettis, in scherzhafter Weise Steyrer Bürger oder Personen ihrer Zeit in ihren Werken festzuhalten, eine Art Montage, so wie etwa Maler ihnen bekannte oder berühmte Personen ihrer Zeit auf ihren Bildern anbrachten oder zuweilen auch sich selber darstellten. Solche S-elbstdarstellung ist nun bei Handel-Mazzetti in direkter Art nicht zu finden, indirekt natürlich wohl, aber nur so, wie das eben bei jedem Künstler der Fall ist. Ihre weiblichen Gestalten, vor allem ihre Mädchenfiguren, sind alle übersteigert, sind Jdealgestalten, vielfach klösterlicher Ausbildung und Erziehung, und verkörpern ihr Frauenideal. Aber einige Zeitgenossen, die von der Verfasserin in das historische Geschehen projiziert werden, seien aus eigener Jugenderinnerung angeführt, “) II, 109; vgl. 9. R o l l e d e r, Heimatkunde von Steyr, Steyr 1894, S. 170: Neubau des Schlosses Voglsang auf dem angeschütteten Festungsgraben. Der ganze Stadtteil führt den Namen Voglsang. (Die Heimat meiner Kunst, S. 16). 26) I, 232, 421; II, 70. 27) l, 70; Pritz: S. 384:/ Matthias Radlingar 1614—1615. 2S) Arme Margaret, S. 218; Pritz ©. 265 u. 384, 1625—1627. 22) A. M. 88; Pritz 282, 284. 3°) St. Schw. I, 16, 277; Pritz 219, 220, 232. 31) I, 197—200, 249; III, 61, 362 f. 32) St. Schw. I, 54, 197, 212. 33) St. Schw. I, 72; Pritz 416: 1607—1620. 34) Arme Marg., 169, 193, 204, 208 f., 217 f., 272. 35) Rolleder S. 154. 43

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2