Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 24, Dezember 1963

In diesem Zusammenhang sei auch kurz auf die rumänischen Denkmäler in der ehemaligen Klosterkirche Garsten hingewiesen. In die der Stadt Steyr beirachbarte Abtei kamen um 1107 Benediktiner aus der Altmann-Stiftung Gött- rocig.48) Die ursprüngliche Garstener Stiftskirche, erbaut um 1080, war daher ein der Hirsaucr Bantradition") zugehörendes Werk, bestehend aus zwei Seitenschiffen und einem überhöhten Mittelschiff mit flacher Holzdccke.") Im Jahre 1219 wurde die Abtei durch eine Brandkatastrophe schwer getroffen. Aber infolge ungünstiger Zeitumstände konnte der Neubau, der Klosterkirche, geweiht der hl. Muttergottcs, erst um 1280 in Angriff genommen werden?') Sicherlich wurden hiebei die romanischen Mauern beibehalten.") Noch Wolfgang Lindner, der in seinen Annalen ausführlich über die frühbarocke llmgestaltung der querschifflosen gotischen Pfeilerbasilika im Jahre 1616 unter Abt Anton berichtet, deutet die romanische Bauart an, wenn er bemerkt, daß von den drei Gewölben der Kirche das mittlere die anderen zwei überrage.") Der in der Zeit von 1678 bis 1693 durchgesührte Bau der barocken Abteikirche beseitigte restlos das romanische beziehungsweise gotische Gotteshaus. Aus der spätromanischen Kunstepoche sind lediglich erhalten geblieben zwei Grabsteine int der Losensteiner Kapelle"), die allerdings auch schon gotische Stilmerkmale aus- metjen und die in einem rcichgeschnitzten Rokoko-Schrein, eine Arbeit des Floria- ner Bildhauers Johann Jakob Sattler (1768), befindliche hochromanische „Wunderbare Muttergottes". Nach I. Perndl ist diese aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts stammende Sitzfigur neben der „Rieder Kreuzigung" im Oberösterreichischen Landesmuseum (Schloß)") die älteste Holzplastik des Landes ob der Enns. Nach einer 1565 in bilderstürmerischer Absicht begangenen Verunstaltung wurde das seltene Schnitzwerk einer weitgehenden Überarbeitung unterzogen und mit einem neuen Holzmantel ausgestattet. Laut Signatur F. W. 1784 stammt die prächtige Fassung von Franz Widmann, Goldfasser zu Steyr.") Die Rückseite der Skulptur zeigt zwei Stifterfiguren, Brandspuren und Bemalungsreste.") Im Stift Garsten bestand schon am Ausgang des 12. Jahrhunderts ein „blühendes" Skriptorium.") Leider erfolgte bei Aushebung des Klosters unter Kaiser Josef II. eine arge Zersplitterung des wertvollen Handschriftenbestandes.") Zu den bedeutendsten Werken der romanischen Buchmalerei dieser Abtei gehört ein Missale, das 307 Initialen und ein künstlerisch hochstehendes Kanonbild, eine <s) I. Lenzenweger, Bcrthold, Abt von Garsten, S. 17. 49) „Cluniazensischen Geist vermittelte für den deutschen Kulturbereich das schon seit dem 9. Jahrhundert bestehende Kloster Hicrsau". Baldaß, Buchowiccki, Mrazeff, a. a. O., S. 17. - ") I. Perndl, Die Pfarrkirche von Garsten (o. QL Vierlag Schnell & Steiner, München), S. 3. — Ders., Me Stiftskirche von Garsten (Sonderdruck aus dem Jahresbericht des Kollegium Petrinum 1962/63), S. 5. ") I. Perndl, Stiftskirche Garsten, a. a. O., S. 8 f. ") Ebenda,. S. 9. ") K. Schifsmann, Die Annalen des Wolfgang Lindner (15-90—1622). Archiv für die Geschichte der Diözese Linz. Jg. VI u. VII/ (1910), S. 289. ") Freundl. Mitteilung des Herrn Kustos A. Bodingbauer, Steyr. S5) Kreuzigungsrelicf aus Ried bei Kremsmünster (Holzplastik, Mitte des 11. Jahrhunderts. B. Ulm, Mittelalterliche Kunst im obierösterreichischen Landesmuseum. Festkatalog: Das Museum im Linzer Schloß (1963), S. 102. ") Der Maler u. Goldfasser Franz Widmann (Widtmann, Wittmann) erwarb am 14. 6. 1771 in Steyr das Bürgerrecht und legte am 20. 10. 1772 den Bürgereid ab I. Schroff, Annalen, Regesten aus dem Steyrer Stadtarchiv. Hs., Bd. 6, S. 871„ 873. Stadtarchiv Steyr, Kasten XI Lade 43. ") I. Perndl, Pfarrkirche Garsten, S. 7. — Ders., Stiftskirche Garsten, S. 11, 38. Im Handbuch d. Kumstdenkmäler Österreichs v. Dehio, Oberösterrcich (1958), S. 84, wird die „Wunderbare Mnttergottes" als frühgotisches Werk bezeichnet. ") I. Lenzenwcgcr, Berthold, Abt von Garsten, S. 172. 59j R. Hittmair, Der Josefinische Klostersturm (1907), S. 310. 38

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