Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 24, Dezember 1963

kirchlicher Hinsicht gehörte sie, wie schon erwähnt, zur Pfarre ©ieruiug. Die Burgkapelle soll sich, wie F. Bcrndt annimmt, im ersten Stock des Südwesttraktcs befunden haben?) Die erste urkundliche Erwähnung des Bürgerspitals erfolgt anläßlich einer Stiftung. Um 1380 überließ Wezilo de sthre ein Haus den Johannitern,') die damals das Spital betreuten.10) Am linken Ufer der Steyr soll um diese Zeit in der Nähe der Brücke eine Mühle bestanden haben.") Schon durch das Lateranense III. (1179) wurde die Errichtung von Kirchen bei Spitälern besonders empfohlen.") Wenn sich nun sonderbarerweise bis um 1300 keine Quellen finden, die über das Bürgerspital in Steyr berichten, so wäre doch der Bestand einer schlichten, mit Holzdecke iinb Säulenabstützung ausgestatteten Spitalskapelle, die vielleicht auch profanen Zwecken diente.") nicht ganz von der Hand zu weise». Die gegenwärtig noch int Bürgerspital befindliche „Gmoastnbn",") die Zwci- schifsigkeit der ehemaligen Spitalskirche (Vorstadtpfarrhof) und der Vorhalle (Eingatrgshalle) würden auf eine Holzausstattung hindeuten.") Da nach V. Preuenhueber schon zur Zeit der Otakarc Steyr „eine ziemliche Stadt" war,") in der wahrscheinlich als Baumaterial für größere Gebäude nicht mehr ausschließlich Holz verwendet wurde, wäre cs möglich, daß die Kapelle bereits im 13. Jahrhundert an der Stelle der heutigen Eingangshalle als Steinbau (mit Holzdecke) aufgeführt wurde. Das Vorhandensein eines Chorturmcs läßt sich nicht Nachweisen. Man ist zwar versucht, auf die Lage des Turtncs der gotischen Spitalskirche hinzuweisen und die ähnlich gestaltete romanische Bürgerspitalskirche in Enns") sowie die einem solchen Typus angehörenden Gotteshäuser in der zu Steyr in engster Beziehung stehenden Steiermark") zum Vergleich heranzuziehen. Aber diese Beispiele sind nicht beweiskräftig und erklären nicht den ursprünglichen Bauzustand. Die früher herrschende Ansicht,") die Eingangshalle in ihrer gegenwärtigen Gestalt flamme aus der romanischen Zeit, wird heute von den Kunsthistorikern abgelehnt. Die nach den unruhigen Zcitläufen des 13. Jahrhunderts notwendig ge-8 8) F. Bcrndt, Auf den Spuren der Steyrer Burgkapelle. Zun, Feierabend. Beilage der Steyrer Zeitung v. 25. Juli 1957. ’) Der Johanniterorden entfaltete seine Tätigkeit in der Zeit der Kreuzzüge und widmete sich u. a. der Beherbergung u. Pflege der Jerusalempilger. Die durch die Kreuzfahrer hergestellten Beziehungen Österreichs zu Palästina hatten zur Folge, baß die Johanniter schon vor 1156 in den Besitz von Mailberg (N.-Ö.) gelangten und später Besitzungen in der Steiermark, in Kärnten u. Vorarlberg erwerben konnten. Th. Tupetz, Allg. u. öftere. Geschichte (1912), S. 227 f. — MayerKaindl—H. Pirchcggcr, Geschichte u. Kulturleben Österreichs, Bd. 1 (1958), S. 248. M. Vanesa, a. a. £>., S. 331. ,0) Codex Traditionum Monasterii üarstens is/CLXXXIX, abgebt. O.-Ö. Ilrkunden- buch, Bd. 1 (1852), S 179. ") A. Rolleder, Heimatkunde von Steyr (1894), S. 186. ,2) I. Lenzenweger, Die Entwicklung des Pfarrnetzes der Benediktinerabtei Garsten. (Unter besonderer Berücksichtigung der Stadtpfarre Steyr). Theolog. Dissertation Wien (1939), Maschinschrift, S 245. ’*) Geistlichen n. weltlichen Zwecken diente auch ursprünglich die Georgskapelle in Wien. W. Buchoiviccki, Die gotischen Kirchen Österreichs (1952), S. 19. ,4) Die „Gmoastubn" ist eilt Gemeinschaftsmum, dessen Holzdecke zwei Holzfäulen stützen. ") K. R. Dänin, Weg u, Entwicklung der gotischen Baukunst in Niederösterreich. Festschrift R. K. Donin (1951), S. 168. — W. Buchowtecki, a. a. O., S. 44 f. u) V. Preuenhueber, a. a. C,, S. 13. 17| Baldaß, Buchowtecki, Mrazek, Romanische Kunst in Österreich (1962), S. 12. ") Bruck a. d. M., Edelschrott, Fohnsdorf, Gaal, Niedcrwölz, St. Georgen ob Judenburg u. ft. Baldaß, Buchowiecki, Mrazvk, a. a. O., S. 12. ") H. Riewel, Das Bürgerspital in Steyr. Mitteilungen d. Central-Commission (1868). 33

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