Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 23, Dezember 1962

Im April des folgenden Jahres 1622 wurde die gesamte Garnison aus Steyr abgezogen und nach Bayern geschickt. Dafür rückten in Steyr ein Fähnlein Fußvolk und 600 Reiter ein. Diese Truppen hatten außer der Unterkunft ihren Sold, Essen und Trinken, Futter für die Pferde und das Brennmaterial von der Stadt zu erhalten.") Die Reiter kosteten viele tausend Gulden und richteten großen Schaden an, obwohl sic nur einen Monat in Steyr blieben. Auf der Reise zum Reichstage nach Regensburg übernachtete Kaiser Ferdinand mit seiner Gemahlin am 2. November 1622 im Schlosse. Er reiste in Begleitung von 1000 Bewaffneten und 200 Heereswagen. Es galt wohl noch den Stey- rern die kaiserliche Macht eindrucksvoll vor Augen zu führen.") Für die Verpflegung Ferdinands und seines Gefolges versprach der Magistrat aufzukommen, wir wissen nicht, ob dies freiwillig geschah. Jedenfalls richtete acht Monate später der Rentmeister des Schlosses an Den Magistrat die Mahnung, die aus diesem Anlasse geschlachteten Ochsen bezahlen zu luoffen.47 * 9 50 * ) , Wiederholt kann man in den Ratsprotokollen dieser Zeit über den drückenden Geldmangel, der in Steyr herrschte, lesen. Die finanziellen Schwierigkeiten nahmen solche Ausmaße an, daß sich der Bürgermeister im November 1620 genötigt sah, den Räten mitzuteilen, man könne derzeit „mit gelt nit gcuolgen" um Kirchen und Schulen zu erhalten.9") Aber nicht nur für Schulen und Kirchen, auch für andere Bedürfnisse der Stadt war kaum Geld aufzutreiben.9') Händl ersuchte daher in der Ratssitzung vom 23. November, daß die Eintreibung ausständiger Steuern und Abgaben mit aller Härte und „sondern Ernst" betrieben werde. In der Sitzung vom 19. Oktober 1621 führte Bürgermeister Händl aus, daß cs vor allem notwendig sei, der Stadt in Wirtschaftsdingen die Kreditwürdigkeit zu erhalten. Er zeigte auch aus, welche Mittel in der Stadt noch zur Verfügung stünden.52) Um eine genaue Übersicht über die Tätigkeit der Handelsleute der Stadt zu erhalten, erließ Händl am, 11. Feber 1622 ein Dekret, demzufolge die Kaufleute innerhalb von drei Tagen ein „glaubwürdiges Verzeichnis ihres Handels im Jahre 1621" bei ihm zu erlegen hatten.99) In dieser Zeit, da niemand der Stadt Geld leihen wollte, fand sich ein weißer Rabe, und zwar der Bürger Jakob Senat aus Laibach, der Steyr das Anbot machte, 5000 Gulden gegen fünfprozentige Verzinsung „auf Ewig" zu borgen.94) In Zeiten der Not und des Mangels blüht immer der Wucher und die Sucht, sich auf Kosten Darbender zu bereichern. Aber hier griff die Stadt rasch zu. Als der Bäckermeister Lobhartsperger im Juli 1623 wegen zu geringen Gewichtes seiner Brote zur Strafe des „Schupfens" verurteilt wurde, setzten sich das Handwerk der Bäcker und der Freundeskreis des Verurteilten vergeblich für ihn ein. Die Fleischhauer wurden im November 1622 vom Magistrate aufgefordert, Kalb- und Schweinefleisch für die Bürgerschaft „in so hohen Prciß wider die Christlich Lieb nit also hoch bschwärn" zu sollen. Im übrigen wurden die Fleischhauer vor den Magistrat geladen und ihnen vorgehalten, daß sie das Pfund Fleisch, ohne Wissen des Magistrates, von 14 bis 18 Kreuzer erhöht hätten. Bis zu einem zu erwartenden Bescheide des Statthalters durften sie das Pfund ungarischen Ochsenfleisches nur um 15 Kreuzer verkaufen, widrigenfalls sie eine „ernstliche leibs önd 47) LV 2, 250; LV 6, 20. 4=) LV 1, 379; LV 2, 250; LV 6, 30. 49) RP 1623, 189. 50) RP 1620, 179, 181. 91) RP 1621, 215. ”) RP 1621, 363. ”) RP 1622, 27. 94) RP 1623, 10. 12

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2