Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 23, Dezember 1962

zosen und Niederländern und wurde vom Oberstwachtmcister Gallus befehligte Die Unterbringung dieser Soldateska, die int Verhältnis zur Bevölkerungszahl Steyrs eine große Besatzungstruppe darstellte, bereitete ben Ratsherren mancherlei Kopfzerbrechen. Vor allem mußte man für die Truppenpferde Heu und Stroh beschaffen und zwar in den Klöstern Garsten unb ©leint, vom Pfarrer in Sierning und vom Pfleger in Stadelkirchcn. Zu diesem Zweck wurden Ulrich Haydcr und Pan- rraz Taxhammer zu Futtcrmeistern bestimmt. Für kranke Soldaten wurde je eine Hütte beim Lazarett an der Steyr und eine in der Stadt erbaut.26) Die von der Stadt geworbetren Kriegsknechte brachte man nach, Mauthausen. Hier wurde aus ihnen ein neues Regiment ausgestellt. Sie bekamen andere Hauptleute und mußten einen neuen Eid leisten.22) Schon am zweiten Tage nach der Besetzung der Stadt faßte der Rat den Beschluß, beim Obcrstmachtmeister und beim Komissar Schultheiß „anzubringen", daß sie sich die arme Stadt unb ihre arme Bürgerschaft befohlen lassen sein solltet:. Besonders aber mögen sie bei der Abfertigung ihrer Gutachten an den bayrischen Kurfürsten auf eine Verringerung oder den gänzlichen Abzug der Besatzungstruppen hinwirken. Außerdent sollten der Stadtschreibcr und noch eilt Ratsherr beim Herzog Maximilian um Verringerung der Garnisoi: ersuchen. Ebenfalls an die niederösterreichische Kammer wurde am 19. 8. ein Ersuchen gerichtet, itl dem um Verringerung der Besatzung gebeten wurde.26) ' Die Stünde in Littz unterstützten das Ansuchen dadurch, daß sie den Landeshauptmann Pohlhaim zum bayrischen Kurfürsten entsandten. Den Viertelmeistern war am 17. August der Auftrag erteilt worden, von den Bewohnern ihres Betreuungsabschnittes die „dargeliehenen Wehren" abzufordern und täglich zwei- bis dreimal Kontrollen zu ntachen, damit keine Ungelegenheiten entstünden. Schließlich sollten sie darauf achten, daß sich die Bevölkerung nach acht Uhr abends nicht mehr auf den Straßen sehen lasse. Den jungen Leuten solle der Bürgermeister unter Androhung hoher Strafen auftragen, sich gegen das fremde Volk ruhig zu verhalten.* 2') Alle möglichen Wege beschrittei: die Steyrer, um die Besatzungssoldaten wohlwollend zu stimmen und dadurch eine Erleichterung ihrer Lage zu erreichen. Wie Bürgermeister Händl in der Ratssitzung vom 16. September 1620 berichtete, war dem -Obersten Mortaigne ein „Praesent" versprochen worden. Es bestand aus 24 Eimer:: Wein, den sich Händl beim Stettner in Steyrdorf erhandelte. Hievon sollten 12 oder 13 Eimer dem Obersten selbst und etwa 8 Eimer dem Obersten Wachtmeister Gallas „verehrt" werden. Mit dem Weine nach Linz zu reisen wurde der Ratsherr Himmelperger beauftragt, der den Beschenkten gleichzeitig einen Brief wegen „ringerung der Garnison" ztt überreichen hatte. Auch mündlich sollte der Ratsherr dieses- Ansuchen begründen?") Neun Tage später, am 25. September 1620, berichtete der Stadtrichtcr in der Ratssitzung, daß Mortaigne und die Kommissare über Auftrag des Statthalters in eine Verringerung der Garnison willigen würden, wenn man von den Bürgern alle „Oberwern" und Rüstung abfordcrte und diese dann, zusammen mit den „Stuckh", ins Schloß lieferte. Auch in Linz und Enns sei dies geschehen, da die Stände dieser Maßnahme des Statthalters zustimmten. Geschehe die Ablie- l'erttng der Waffen und Rüstungen freiwillig, so werde die Garnison in Steyr auf 26) RP 1620, 135. 22) LV6. 14. 2S) RP 1620, 137. 2') RP 1620, 136. -°) RP 1620, 141. Für den Eimer Wein (56,6 Liter) wurden 13 Gulden bezahlt. 9

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