Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 23, Dezember 1962

Die Erle, mit der man im Lande Schanzen aufgeworfen, Sperren errichtet und die Städte befestigt hatte, war vergebliche Liebesmühe gewesen. Da die Stände den Forderungen des Herzogs nicht nachgekommen waren, rückten die bayrischen Truppen unter Oberkommando Tillys am 25. Juli 1620 im Lande ob der Enns ein. Die Streitmacht der Stände, die lediglich 3.300 Mann Fußvolk, ein 1.000 Mann zählendes „Schifers Fändl", vier „einschichtige Compania zu Roß" und 424 Pferde betrug, von einzelnen „Bauernhaufen" abgesehen, reichte nicht aus, um einen entsprechenden Widerstand zu leisten?') Der Vormarsch der bayrischen Truppen vollzog sich also mit entsprechender Schnelligkeit. Bereits am 4. August 1620 zog der bayrische Herzog im Linzer Schlosse ein. In Steyr herrschte ob dieser Entwicklung eine nervöse Spannung. In der Ratssitzung vom 3. August kam zur Sprache, daß Ratsherr Rcinhart aus Linz mitgeteilt hatte, man müßte in Steyr mit der Einquartierung feindlicher Truppen rechnen. Weiters empfahl Reinhart mit den Kommandanten der ständischen Besatzung im Schlosse Steyr, den Hauptleuten Fux und Wurmbrandt, zu sprechen und sie zu veranlassen, die Wachen einzuziehen. Lediglich zwei oder drei Rotten sollten die Stadt und zwei Rotten das Schloß selbst bewachen. Ein anderer Ratsherr, Jörger, teilte seinen Kollegen mit, daß man auch in Steyr noch am 14. August mittags etliche „Fand! Bayrisch Volckh" zu erwarten habe. Diese Nachrichten hatten zur Folge, daß die Steyrer Stadtväter den städtischen Quartiermeister beauftragten, unverzüglich ein Verzeichnis der Quartiere anzulegen. Weiters beschloß man die Kommandanten der cin- rückenden Truppen durch Vertreter der Stadt empfangen zu lassen. Tobias Geßl, der französisch sprach, sollte die Offiziere Bitten, sich die Stadt „befohlen" sein 311 taffen.21 2 23 24 ) In Linz liefe Herzog Maximilian die Stände nach seiner Ankunft wissen, daß ihm das Land ob der Enns, mit allen Regierungsvollmachten, bis zur Bezahlung der Kriegskosten verpfändet worden war. Er verlangte, daß ihm im Namen des Kaisers sofort gehuldigt werde. Die Stände erkannten noch nicht den Ernst der Situation und versuchten, die Huldigung hinauszuschicben. Als ihnen aber mit Repressalien gedroht wurde, falls sie nicht innerhalb von 48 Stunden Gehorsam leisten würden, kam cs am 20. August zur unbedingten Huldigung. Gleichzeitig wurde auch das Bündnis mit Böhmen gelöst.22) Maximilian zog dann weiter nach Niederösterreich, wo er seine Truppen mit denen des kaiserlichen Feldherren Boucquoi vereinigte und dann in Böhmen einrückte. Im Lande ob der Enns verblieben zwei Regimenter als Besatzung, als Statthalter amtierte in Linz der bayrische Graf Adam von Herbcrstorf. Aus dem Weißen Berge vor Prag kam es zur Entscheidungsschlacht, die von Tilly gewonnen wurde. Prag ergab sich dem Sieger, Bürger und Stände leisteten den Treueid und lieferten die Waffen ab. Der böhmische Aufstand war niedergeschlagen. Über die Übergabe Steyrs an die bayrischen Truppen berichtet uns ein kurzer Vermerk in einem Protokolle. Der Rat erfuhr durch Bürgermeister Händl, daß dem bayrischen „Obristen Wachtmeister" am 14. August 1620 die Schlüssel zu den Toren der Stadt ausgehändigt und bisher noch nicht zurückgcgeben worden waren.22) Zetl vermerkt, daß am 17. August insgesamt sieben Fähnlein Fußvolkes vom Rcgimente Anhalt in Steyr cingezogen waren, ohne irgendwelche Gegenwehr zu finden.22) Das Anhaltische Regiment bestand zum größten Teile aus Fran21) LV 19, 331, Fußnote 207. ”) RP 1620, 134. 23) LV 2, 249; LV 7, 87. 24) RP 1620, 135. Auch dieSchlüssel für das Rathaus und das Zeughaus wurden abgefordert. Die Torewurden mit starkenbayrischen Wachenbesetzt. --) LV 6, 11. 8

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