Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 22, Dezember 1961

an Erzherzog Ferdinand seine Ohnmacht. „So lange er lebe, werde der Bau wohl zusammenhalten, nach seinem Tode werde er zerfallen," meinte der Monarch, Diese allgemeine politische Lage zeichnete sich auch in Steyr ab, wo die evangelisch gesinnten Kreise der Stadt versuchten, der Rekatholisierung den möglichsten Widerstand zu leisten. Unermüdlich versuchte die katholische Geistlichkeit in Steyr, der damaligen Hochburg des Luthertums in Oberösterreich, Fuß zu fassen. So beabsichtigte Prälat Johann Wilhelm Haller von Garsten in der Spitalskirche wieder katholischen Gottesdienst halten zu lassen. Um dies zu verhindern, entsandte die Stadt eine Abordnung von Ratsmitgliedcrn nach Garsten, um den Prälaten zu bewegen, von dieser Maßnahme abzustehen. Die Abgeordneten begründeten ihre Vorsprache damit, daß in dieser Kirche schcn seit 50 Jahren kein katholischer Gottesdienst gehalten worden war und bei seiner Wiedereinführung von „Vnbendigen Gsindt (unbändigem Gesinde) große Gefahr vnd Unheil Zube- sürchten" wäre?) Prälat Haller erklärte, daß er mit „denen von Steyr nit disputier^, er sei von seiner geistlichen Obrigkeit „starck angemahnt" worden, den Gottesdienst in dieser Kirche wieder abhalten zu lassen. Bei dieser Gelegenheit beschwerte sich der Prälat bei den Abgesandten darüber, daß der Ratsherr und frühere Bürgermeister Jahn als derzeitiger Kirchenverwaltei?) die Leute des Klosters Garsten schlecht behandle. Er verlangte vom Rate die Abstellung eines solchen Benehmens gegen die Klosterangehörigen. Anderseits beschwerte sich die evangelische Kirchenbehörde der Stadt beim Rate, daß der Kaplan der Stadtpfarrkirchc, Bürger, die ihren Geschäften nach gingen, „hoch injuriert" und auch beleidigende Äußerungen über das evangelische Ministerium gemacht habe. In dieser Angelegenheit ordnete der Rat an, daß vier Zeugen in der Stadtkanzlei einzuvernehmen wären und der Garstener Abt um Abstellung dieser Übergriffe ersucht werden sollte?) ' Da seit 1581 die Stadt an der „Compagnie oder bürgerlichen Eisenhandcls- gesellschast von Steyr" beteiligt war, sah man sich in den Ratssitzungen oft gezwungen, geschäftliche Angelegenheiten der ..Compagnie" zu behandeln. So wurde am 27. März 1613 beanstandet, daß der Eisenkümmerer Jeremias Wurschenhofcr „viel Zeug verborgt" hatte. Es wurde beschlossen, ihm aufzutragen, dem Bürgermeister unverzüglich eine Aufstellung der Schuldner vorzulegen. W.iters wurde ihm verboten, ohne „genucgsamen" Befehl und Vorwissen des Bürgermeisters, Waren auf Kredit abzugeben. Schließlich scheint Wurschenho'er auch verbotene Praktiken geübt zu haben, denn er ließ Äxte und Pflüge aus „Zrcnn Eisen"5 * 7 8) Herstellen, was eine Verschlechterung der Ware bedeutete. Auch dies wurde ihm untersagt?) Erwähnt sei, daß die Steyrer Eisenarbeiter bereits im Jahre 1614 in der Lago waren Flintenschlösser herzustellen. Trotz des Ernstes der Zeit widmeten sich besonders die Angehörigen der verschiedenen Handwerke der „holdseligen Kunst" des Meistergesanges. Unter den 34 nachweisbaren Meistersingern der Stadt ist besonders der Bortenschläger Nikolaus Lindtwurmb hervorzuheben, der vom Rate mehrmals die Erlaubnis erhielt die „begehrte Singschucll" abhalten zu dürfen. Hiebei handelte es sich um eine festliche Gesangsveranstaltung im Rathause. Damit es jedoch „ordentlich und richtig" zugehe, ordnete der Bürgermeister jeweils einen „Beisatz (Beobachter)" zu diesen Vorführungen ab.10) 5) RP 1613, 105; LV 13, 53 f.: Der Protestantismus setzte im Lande ob der Enns schon 1542 öffentlich ein. *) LV 5, 262. 7) RP 1613, 233. ^ 8) „Zrenneisen" bildete das Musgangsmaterial für Hacken-, Klob- und Stangeneisen (LV 17, 5). ') RP 1613, 87. ,0) LV 15, 24; RP 1614, 79. 4

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