der Katharer im 12. und 13. Jahrhundert ausgelöst wurden; das Altarssakra- mem war aus diesem Grund neu ins Bewußtsein der Zeit gerückt worden. Die Legende selbst |anb im 13., vor allem aber im 14. und 15. Jahrhundert weiteste Verbreitung u. gewann sozusagen typenbildende Kraft. Sie wurde Vorbild für die Hostienverehrung des Mittelalters. Damit bildet sich unter ihrem Einsluß im späteren Mittelalter eine neue Variante der Christusverehrung aus, die angesichts ihres Entstehungszusammenhanges mit dem Meßopfer starke cucharistische Bezüge ausweist". Die Szene der Darstellung in Steyr zeigt den Papst vor dem Altar knieend, ein Kardinal hält die Tiara, ein Diakon kniet zur Rechten des Papstes, links erblickt man einen Bischof, während man auf der rechten Seite noch einen Kardinal und den zweiten Diakon sieht. Hinter der Altarmensa mit dem gestürzten Kelch erscheint — einem Altarbild gleich — Christus in der Grabkufe vor dem Kreuz, umgeben von den „Werkzeugen" seines Leidens (Leiter, Hahn, Geißelsäule, Lanze, Hammer, Nägel, zwei Geißeln, Würfel, Zange, Schweißtuch der Veronika u. a.). Die betenden Personen neben den Wappen sind als „Stifterbildnis" Kunz Horns und seine Gemahlin zu betrachten. Außerdem sei ganz besonders darauf hingewiesen, daß diese Reliefplatte zu den besten spätgotischen Bildhauerarbeiten, die Steyr besitzt, zu rechnen ist, auch aus die wirtschaftlichen Beziehungen Steyr—Nürnberg hinweist und die Bedeutung Steyrs im späten Mittelalter aufzeigt. II. Christus in der Kelter Das Schmerzensmannbild mochte auch eine gewisse Anregung gegeben haben zu einem zweiten eucharistischen Herrenbild, zur Darstellung „Christus in der Kelter". Das Heimathaus Steyr besitzt ein Ölgemälde, das diese Darstellung zeigt und aus dem 17. Jahrhundert stammt. Die Darstellung des Motivs ist keineswegs so ungewöhnlich, als es zunächst den Anschein hat. Man findet derartige Darstellungen der christlichen Bildkunst des Mittelalters vorwiegend im fränkischen Reichsland sowie im alemannischen Raum verbreitet. Erwähnenswert ist die frühe Darstellung aus bem „Hortus deliciarum" (letztes Viertel des 12. Jahrhunderts), dessen Verfasserin die Äbtissin des Klosters Hohenburg auf dem Odilienberg im Elsaß, Herrad von Landsberg, ist. Leider verbrannte das Original bei der Beschießung von Straßburg im Jahre 1870, doch bestehen Kopien eines Teiles der Bilder. Die Darstellung Christi in der Kelter ist auf Symbolvorstellungen zurückzu- führcn, welche aus einer Reihe von Schriftstellcn des Alten und Neuen Testamentes erwuchsen. Zentraler Gedanke war wohl die Stelle Jsaias 63, 3 „Tor= cular calcavi solus" (allein habe ich die Kelter getreten), in welcher die frühchristlichen Ausbeuter die Vorhersage des Leidens Christi sahen. Die mittelalterliche Mystik hat dies in doppelter Weise ausgelegt: Christus als Sieger, der die Kelter tritt; Christus unter den Kelterbaum gepreßt im freiwillig übernommenen Erlösungsleidcn. Die frühesten Darstellungen erscheinenen seit dem 12. Jahrhundert. Im Lause des 14. Jahrhunderts wurde dann in Verbindung mit dem Volkstümlichwerden der Passionsmystik das Kelterbild zum Sinnbild der Passion Christi überhaupt. Entsprechend erscheint Christus jetzt in der Gestalt des Schmerzensmannes mit Wundmalen und Dornenkrone; der Kelterbalken ist zum Kreuz geworden, dessen Last den Erlöser erdrückt. Damit wird nun auch der „Keltertreter" zum selbständigen Audachtsbild. Das Bild des Heimathauses Steyr hat einen volkstümlichen Zug. Der Hauptgedanke ist schlicht und einprägsam, ohne allegorische Zutat: Der blutende Christus unter dem Kelterbalken in Kreuzesform, am obersten Punkt des Kreuzes der Heilige Geist in Gestalt einer Taube, Gottvater selbst dreht die Spindel, zwei 47
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