Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 22, Dezember 1961

2. Der Kampf um das Privilegium Das Rohr- und Büchsenwerk war durchaus nicht vom Glück begünstigt. Schon im Herbst des Jahres 1595 verließen „durch böser Leut Anreizung" etliche widersetzliche Arbeiter heimlich die Rohrschmiede. Besonders die Schweißer Hanns Sebert und Hanns Horncster bereiteten der Gesellschaft viel Ärger. Dieser war mit dem Weib eines anderen Arbeiters verstohlen abgewandert, jener wiegelte vier Knechte zum Verlassen der Wcrkstätte auf. warf schließlich „den Herren den Sack vor die Tür" und forderte Urlaub. Als Ersatz für diese Arbeitskräfte stellte man Scher- und Klingenschmiede ein, die zu Rohrschmieden ausgebildet wurden.") Die Stadtobrigkeit, die mit Recht in der Abwanderung der Arbeiter eine große Gefahr für den neuen Betrieb erblickte, trachtete nun, so rasch wie möglich für die Büchsenhandlungsgesellschaft die Berechtigung zur alleinigen Erzeugung von Feuerwaffen in Österreich ob und unter der Enns zu erwirken. Am 3. Oktober 1595 richteten Bürgermeister, Richter und Rat in dieser Angelegenheit ein Gesuch an den Kaiser.") Darin wurde einleitend auf die Türkengefahr und auf die durch das Innerberger Eisenwesen gefährdete Finanzlage der Stadt Bezug genommen. Es wurden ferner die großen Schwierigkeiten aukgezcigt, die bei Errichtung der Rohrschmiedwerkstatt zu überwinden waren. Man vergaß nicht, die hohen Unkosten zu erwähnen und auf den bereits vorhandenen Vorrat an allerlei Feuerwaffen hinzuweisen. Da sie aber befürchteten, daß auch in anderen Orten Rohrschmiedwerkstätten erbaut werden könnten, wodurch die mit hohen Kosten angeworbenen Arbeiter aus Steyr abgezogen werden möchten und dadurch die städtischen Wcrkgaden in Verfall geraten müßten, richteten sie an den Kaiser die Bitte, ihnen „aus landssürstlicher Macht allergnädigst eine solche Befreiung" zu erteilen, „daß sonsten in dessen Erblonden Österreich unter und ob der Enns dergleichen Rohrschmiedwcrkstatt auszurichten nicht zugelassen, sondern auf jetzo und hinfüran eingestellt werden." Bürgermeister, Richter und Rat verpflichteten sich, die österreichischen Lande nach Möglichkeit „mit der Notdurft gerechter Giebok und Röhr in gebührlichem Wert" zu versehen und wenn „Abgang und Verschleiß vorhanden", weitere Werkstätten zu erbauen. Abschließend betonten sie, daß sie „in Österreich dies neue gemeinem Nutzen dienstliche Werk mit großen Unkosten erhebt" hätten und auch „des Jnnerbergerischen Eisenwesens Verleger" seien. Der Magistrat sandte das Gesuch an den damals in Wien weilenden Heinrich Trisel. der es den Wiener Behörden zur Weitcrleitung an den Kaiser zu übergeben hatte. Gleichzeitig wurden der Eisenobmann, der Landmarschall Hans Friedrich Hofmann, der kaiserliche Haus- und Grenzzeugmcister Zacharias Stain- e g g c r und andere Persönlichkeiten um Befürwortung und Betreibung des Ansuchens gebeten.") Einige Wochen später schickte die Gesellschaft der Rohr- und Büchsenhandlung, wahrscheinlich um der Petition größeren Nachdruck zu verleihen, eine „Probesendung" an den Hauszeugmeister Zacharias Staineggcr. Diese Sendung, der auch eine Preisliste beigeschlossen war, umfaßte 200 geschifte Büchsenrohre oder Halbhaken, 50 Musketen und 150 gemeine halbe Musketenrohre mit „Schwamben Zin- tcrn". Über Antrag Trifels verständigte die Steyrer Stadtobrigkeit am 25. Oktober 1595 den Hofkriegsrat in Wien von der Probesendung, verwies auf die in Steyr vorrätigen 600 Stück Feuerwaffen und ersuchte, Stainegger zur Abgabe eines Gutachtens über die Brauchbarkeit der vorgelegten Erzeugnisse zu veranlassen.") Trisel wandte sich am 7. November an die Verordneten in Österreich unter der Enns. Er erinnerte in seinem Schreiben ait das über Anordnung des Eisenobmannes errichtete Rohrschniicdwcrk in Steyr und pries die Güte der* 25 26 * ") F. RMH., „Die Rohr Arbeittcr Betreffcut", undatierter Bericht von Jakob Talner. 25) F. RMH., BRR. zu Steyr an hm Kaiser, 3. 10. 1595, Konzept. 26| F. RMH,, Konzepte v. 3. und 23. Oktober 1595. ") Ebenda, Schreiben v. 25. Oktober 1595, Konzept. 33

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