Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 22, Dezember 1961

Es ist verständlich, daß in einer Stadt, deren Bevölkerung 1619 noch fast ausschließlich den Lehren Luthers zugewandt war, nicht innerhalb kürzester Frist ein ausrichiiger Gesinnungswandel in religiösen Dingen hatte erfolgen können. So sah sich der Rat, der 1628 durch katholische Bürger ersetzt wurde,") ö|tcr§ genötigt, im Sinne der katholischen Gegenresormation auf die Bevölkerung einzuwirken. So wurde, z. B., 1629 den Handwerkern der Feilhauer, Zirkelschmiede und Schuhmacher „allen Ernstes auserlegt", die Gottesdienste zu den üblichen Jahrestagen halten zu lassen und diese auch zu besuchen.") Für das Fronleichnamsfest tm Jahre 1638 traf der Rat alle Vorbereitungen, dieses feierlich zu begehen. Bisher waren jene, „die sich hiezu gebrauchen" ließen, immer durch die Stadt mit Wein, Brot und Bier bewirtet wordeir. Da hiedurch der Bürgerschaft jedoch „höchstbeschwerliche Unkosten und Schaden entstand", wurde in der Ratssitzung vom 30. 5. 1638 beschlossen, die Bewirtung zu verbieten, da ja überdies auch die jüngst anwesend gewesenen kaiserlichen Kommissare erklärt hatten, daß durch Bewirtung an einem so heiligen Tage vielmehr gesündigt als Gott verehrt werde.") Auch für die Feierlichkeiten anläßlich des Pfingstfestes 1639 wurden aus Kosten der Stadt „etliche Hellebardiere" und Musketiere beigestellt. Die Vier- tclmeister (Zechmeister) der Handwerker wurden ins Rathaus geladen, um ihnen „Andeüttung zu thun", mit ihren Fahnen beim Umgang zu erscheinen. Vor dem Rathause wurde ein Altar aufgerichtet. Außerdem wurden „Doppelhacken" aufgestellt, um Salutschüsse zu feuern.73 74 * 6) In allen Belangen hatte sich das Verhältnis zwischen dem nunmehr katholischen Magistrate und der katholischen Geistlichkeit gebessert. Als am 1. Juni 1629 der Garstener Abt zu einer Primiz einlud, wurden zu dieser Bürgermeister Mann und Rarsherr Wuschletitsch abgeordnet.77) Zu Silvester 1634 begehrten die Kapuziner vom Rate Wein. Dieser bewilligte ihnen 2 Eimer alten Weines.76) Auch den Jesuiten wurden die für den Gottesdienst notwendigen „Waxkörper" (Kerzen) bezahlt.7') Den Dominikanern bewilligte der Rat im Februar 1635 über ihr Begehren ein wöchentliches „Deputat" von 5 Gulden.66) Als die „Singer der Weihnachtslieder" im Dezember 1639 schriftlich um Erlaubnis baten, zu den Festtagen fingen zu dürfen, wurde ihnen vom Rate bedeutet, daß sie ihr Gesuch vorerst von: Pfarrer unterschreiben zu lassen hätten. Weiters hatten sie dem Magistrate mitzutcilen, ob die Singgruppe aus nicht mehr als sieben Personen bestünde. Erst nach diesen Vorbedingungen würde ein Bescheid erfolgen.6') Im November 1628 erreichte die Stadt ein Befehl der Landeshauptmannschaft, daß der Rat alle Emigranten, die wieder nach Steyr zurückgekehrt waren, nach Linz zu schicken hätte. Jenen Bürgern der Stadt, die „nicht leicht zur katholischen Religion schraitten", solle ein „öffentlicher Spott angethan" werden.67) Die trostlose finanzielle Lage Steyrs und der früheren Eisenhandelsgesellschaft machte es 1628 notwendig, eine Gläubigerversammlung einzuberufen. Unter Vorsitz der kaiserlichen Kommissare, Vizedom Konstantin Grundmann und Stadtrichter Johann Baptista Spinbier, versammelten sich am 10. September 1628 im Rathause 200 „ansehentliche Herren" mit ihren Schuldbriefen. Hier eröffnetcn ihnen die Kommissare, daß die Stadt durch ihre „früheren Vorsteher" in große Schulden geraten sei und sich außerstande sehe, ihren Verpflichtungen 73) LV 6, 109. 74) RP 1629, 30, 31. ") RP 1638, 92; LV 4, 75. 76) RP 1639,129, 131. 77) RP 1629, 90. 76) RP 1634, 147a. ”) RP 1634, 129. 6°) RP 1635, 23. -') RP 1634, 139. 62) LV 6, 112. 22

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