Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 21, Oktober 1960

haltigen „Decennium Abbatis Anselmi" und von 1747 bis 1757 Abt von Garsten). Durch den Abt Anton II. Spindler von Hofegg (1615-1642) wurde 1616 die Barockisierung der mittelalterlichen Stiftskirche begonnen, doch entschloß sich sein Nachfolger, Roman 1. Rauscher (1642-1683), zum völligen Neubau von Kirche und Kloster. 1677 begann man mit dem Abbruch der alten Stiftskirche. Seine erste bedeutende Tat, die Abt Anselm als Bauherr ausführte, war die Vollendung der neuen Stiftskirche. Der Bau war 1685 schon so weit fortgeschritten, daß die Kirche am 5. Oktober eröffnet werden konnte. Nach ihrer gänzlichen Vollendung 1693 nahm der Bischof von Passau, Johann Philipp Graf von Lamberg, die feierliche Einweihung vor. Besonders gefördert wurde durch den Abt die Neugestaltung des Stiftes; so erfolgte während seiner Regierungszeit der Neubau der Prälatur, der Bibliothek und des größten Teiles des Saaltraktes mit dem Stiegenhaus. Auch in Steyr erinnern barocke Kostbarkeiten an Abt Anselm. Hier bewog er den Magistrat, den 1630 begonnenen Pfarrhof 1687 fertigzustellen. Das Wappen des Abtes und das der Stadt Steyr krönen heute noch das Portal dieses Gebäudes. Für die Stadtpfarrkirche ließ er 1688 einen neuen Hochaltar, dessen Bild Reslfeldt malte, anfertigen. Leider mußte dieser Altar 18 5 7 dem neugotischen von Fidelis Schönlaub weichen; das Hochaltarbild von Reslfeldt, ,,Die Anbetung Jesu durch die drei Weisen" darstellend, hängt jetzt im nördlichen Seitenschiff der Kirche über dem Eingang der Turmkapelle. 1692 weihte der Abt fünf Altäre in der Stadtpfarrkirche, die ebenso wie der Hochaltar später entfernt wurden. Im Jahre 1688 ließ er die Reliquien der Märtyrin Columba, die er aus Rom erhalten hatte, in feierlicher Prozession in die Stadtpfarrkirche tragen. Das Heimathaus Steyr besitzt das Ölbild, das diese Begebenheit darstellt. Dieses Bild ist auch baugeschichtlich äußerst interessant - es ist das älteste Ölgemälde, das die Ansicht von Steyr zeigt (Abbildung 2). Neben der Stadtpfarrkirche erhielten auch alle jetzt noch bestehenden, dem Stifte inkorporierten Kirchen manch barocke Ausstattung. Jedoch entfernte man bei der Regotisierung im vorigen Jahrhundert viele dieser Einrichtungsgegenstände, die vielfach nicht mehr auffindbar sind. Alle diese künstlerischen Leistungen und Arbeiten müssen umso höher bewertet werden, wenn man bedenkt, daß das Stift viele Ausgaben und Steuern leisten mußte, welche die Kriege gegen die Türken und Franzosen forderten. Anselm Angerer war hochgebildet, bekleidete die Rektorswürde der Salzburger Universität (nach Pritz) und trug viel zu deren Aufschwung bei. ZwiA b b i I d u n g 1: Abt AnseIm I. Angerer (1683-1715) von Garsten (Original im ehemaligen Kapitelsaal von Garsten über der Losensteinerlrnpelle). Inschrift: ,,ANSELMUS I. ELECT. 1683. OBIIT. 1715. 48." (Anselm I., gewählt 1683, er starb 1715). Er wird als der 48., aber auch als der 49. Abt von Garsten angeführt. 48

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