Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 20, April 1960

Dem Kaiser war diese Geheimabmachung bekannt geworden. Er sah sich daher bewogen, auf dem im Jahre 1608 in Regensburg abgehaltenen Reichstage statt seines Bruders Matthias, Erzherzog Ferdinand zum Stellvertreter zu ernennen. Matthias begann nun seinerseits mit Maßnahmen gegen den kaiserlichen Bruder. So berief er die ungarischen Stände zu einem Landtage nach Preßburg, gleichzeitig die österreichischen nach Wien ein. Diese wurden aufgefordert, überdies am ungarischen Landtage teilzunehmen. In Preßburg wurde nun beschlossen, mit den Ungarn gemeinsam beim Kaiser die Erfüllung der Bedingungen des Sitvatoroker und des Wiener Friedens zu erreichen. Als Abgesandter Steyrs nahm an der Tagung Andreas Giesing teil. Die in Preßburg Versammelten gelobten Matthias unbedingte Gefolgschaft, wenn es ihm gelänge, die Durchführung der Vertragsbedingungen der vorerwähnten Friedensverträge durchzusetzen, wobei die Frage der freien Religionsausübung die Hauptrolle spielte. Auch die Stände Mährens erklärten auf einem Landtage ihren Beitritt zu dieser ständischen Konföderation." Bürgermeister Jahn vermittelte in einer Sitzung am 10. 3. 1608 den Steyrer Ratsherren eine Schilderung der Vorgänge bei den Landtagen in Preßburg und Wien, so wie sie von den Abgesandten der o.-ö. Stände gegeben worden war. Jahn, der selbst an der gegenständlichen Sitzung in Linz teilgenommen hatte, berichtete auch über ein Schreiben des Erzherzogs Matthias, das bei^btefer Gelegenheit verlesen wurde. In diesem verlangte der Erzherzog von den Stünden u. a. alles für eine „Khriegsnotturft" vorzubereiten, dem Lande die Kreditwürdigkeit zu erhalten, Mannschaften auszuheben und die Unterhaltung von 700 Kriegsknechten zu übernehmen. Falls der Landeshauptmann den Ständen „was beschwerlichs" für den Kaiser auferlegen würde, sollten sie den Gehorsam verweigern. Dieser Punkt des erzherzoglichen Schreibens schien den Tagungsteilnehmern der oberösterreichischen Städte bedenklich. Er wurde daher von den zwei Vertrauensleuten des Erzherzogs, die das Schreiben überbracht hatten, dahingehend ausgelegt, daß die Städte irgendwelche ihnen vom Landeshauptmanne im Namen des Kaisers gegebene Aufträge zur Kenntnis nehmen sollten. Werde von ihnen aber etwas verlangt, das ihnen zu beschwerlich erschiene, mögen sie hievon dem Erzherzoge Mitteilung machen. Im Namen Steyrs und der anderen Städte Oberösterreichs hatte sich Bürgermeister Jahn zu Wort gemeldet und äußerte sich zum Verlangen, die Kreditwürdigkeit im Lande zu erhalten. Wenn es den Städten wieder erlaubt wäre, meinte er, Bürger nach ihrer Wahl in den Stadtverband aufzunehmen und weiters, wenn die Glaubensfreiheit hergestellt würde, hätte es mit den Krediten für Oberösterreich keine Schwierigkeiten. Am Ende seines Berichtes stellte Jahn im Rate die „vmbfrag". Als erster meldete sich Stadtrichter Trastner zu Wort, der sich mit dem gemeinsamen Vorgehen Ober- und Niederösterreichs mit Ungarn einverstanden erklärte, da dieses ja auch von den anderen Ständen ratifiziert worden sei. Seiner Ansicht schlossen sich Bürgermeister Jahn und die Mehrheit der anderen Ratsmitglieder an. Drei von ihnen erklärten aber, daß sie mit dieser ständischen Konföderation nur einverstanden wären, wenn sie auch der Kaiser guthieße, da sie diesem ja den Treueid geschworen hatten. Andre Giesing, der ebenfalls zugestimmt hatte, bemerkte, daß die Städte bei den Landtagen einem gegenseitigen Bündnis in den gemeinsamen Fragen nicht zustimmen wollten, ohne zu wissen, ob ein solcher Bund dem Kaiser genehm sei. Schließlich sei der Pakt doch auch von den Städten unter dem Vorbehalte einer kaiserlichen Zustimmung gefertigt worden. Erzherzog Matthias war am 25. 4. 1608 mit einem Heere, wozu auch die o.-ö. Stände 1500 Mann gestellt hatten, nach Böhmen aufgebrochen. Von den Erzherzogen Maximilian und Ferdinand beraten, beschritt der Kaiser den Weg friedlicher Verhandlungen mit seinem Bruder, obwohl ihm ein ausreichendes Heer zur Verfügung gestanden war. Am 25. 6. kam der Vertrag von Lieben zustande, nach dem Rudolf seinem Bruder Ober- und Niederösterreich überließ, ihm die Verwaltung Mährens übertrug und die Anwartschaft aus Böhmen zusicherte. Da nun auch 48

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