Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 19, Februar 1959

das „Zännggen vnnd greinnen" zu unterlassen," 1650 war er bemüht, einen Kompetenzstreit zwischen alten und jungen Schützen in Güte beizulegen." Das an Sonntagen, im 18. Jahrhundert auch an Feiertagen, festgesetzte „Bürgerschießen" fand auf einem Platz vor dem St. Gilgentor in der Nähe des Stadtgrabens statt." Später wurde die Schießanlage in den Graben verlegt und befand sich dort bis zum Jahre 1834." In den Jahren 1577 und 1699 war sie so baufällig, daß sie jedesmal neu aufgebaut werden mußte." Die Mitglieder der Schützengesellschaft gehörten ohne Zweifel zur tüchtigsten Mannschaft der Stadtmiliz, da sie ja am besten mit den Feuerwaffen umgehen konnten. Mit einer eigentümlichen Ober- und Unterwehr, also mit Muskete und Säbel, mußte seit der Mitte des 17. Jahrhunderts jeder Bürger ausgerüstet sein. Schon bei der Verleihung des Bürgerrechtes war der Waffenbesitz nachzuweisen und beim Steueramt ein Gulden zum Ankauf eines „Schützenröckls" zu erlegen." Die Zugehörigkeit zur Schützengesellschaft blieb bis ins 18. Jahrhundert jedem Bürger freigestellt. Ab 1738 befahl jedoch der Magistrat einzelnen Bewerbern um das Bürgerrecht, daß sie mindestens ein Jahr lang an den Schießübungen der bürgerlichen Schützen teilzunehmen hätten. Im Jahre 1766 wurde diese Ausbildung noch um ein Jahr verlängert." Die Schützengesellschaft förderte nicht allein die „Ritterliche Khunst" des Schießens," sie pflegte auch Kameradschaft und Geselligkeit. Von Zeit zu Zeit veranstaltete sie ein fröhliches Festschießen. In Steyr fanden im 16. Jahrhundert vier größere Schützenfeste statt (1531, 1540, 1548, 1592).20 Zu den glanzvollsten Veranstaltungen dieser Art aber zählte das freie Gesellenschießen „mit Pürstbuxen von Feuerschloß und Stein", das am Sonntag, 7. September 1614 seinen Anfang nahm und vier Wochen dauerte. Mit Bewilligung des Magistrates sandte die Schützengesellschaft im Mai des genannten Jahres gedruckte Einladungen an die Schützenverbände österreichischer und deutscher Städte. Dieser Aufforderung folgten viele Schießfreunde aus Wien, aus der Steiermark, aus Kärnten und Krain, sie kamen aus Landshut, München, Nürnberg, Regensburg und Breslau. Auch Ritter und Adelige aus der Umgebung fanden sich ein. Jeder Schütze hatte als Einleggeld vier Gulden zu entrichten. Das Hauptbest bestand in einem vergoldeten silbernen Becher im Werte von 100 Gulden. Grüne Seidenfahnen, geziert mit dem Wappen der Eisenstadt, wurden zu den Geldpreisen verliehen. Der Festplatz befand sich vor dem St. Gilgentor.2' Der Magistrat ließ dort eine Hütte errichten und gab zum Ankauf der Beste 70 Taler.22 Neben dem Schießen, zu dem der Rat einen Schützenmeister, zwei Unterschützenmeister, einen Fähnrich und einen Schreiber abordnete, gab es zur Unterhaltung der Gäste noch verschiedene Lustbarkeiten, u. a. ein Kegelspiel und Vorrichtungen zum Hahnerschlagen. Letzteres Spiel entbehrte nicht einer gewissen Rohheit. Zwei Hähne wurden bereitgestellt. Der eine Hahn sollte mit einem hohlen Prügel, der andere, der sich auf einem Platz innerhalb eines Grabens befand, der nur über einen handbreiten Steg zugänglich war, von einem Dreschflegel getroffen werden. Der mit dem Flegel ausgerüstete Hahnenschlager hatte einen Kreuzer zu bezahlen. Da ihn, eine schwarze Kappe über die Augen gezogen war, verfehlte er meist den Steg und fiel zum Gaudium der Anwesenden in den Graben.22 Das große Schützentreffen des Jahres 1614 „begann und endete in Ordnung und Frohsinn"." In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges hören wir von keinem Schützenfest in Steyr. Die Beendigung der harten Kriegszeit feierte jedoch die Stadt im Jahre 1650 mit einem „Friedensfest", zu dessen Verschönerung die Schützengesellschaft viel beitrug.22 Schon 1653 veranstaltete sie wieder ein Hauptschießen, das vom Oberschützenmeister Maximilian Luckner geleitet wurde.22 Das nächste größere Schützenfest fand erst 15 Jahre später statt. 1668 ließen die Schützenmeister Daniel Knäbl und Gottlieb Hoffmann Einladungen zu dem für 6. Mai anberaumten „nachbarlichen Hanpt- scbießen in allhiesiger Schiehstatt" ergehen.22 4

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