Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 19, Februar 1959

Direktor hat hier als unberühmter Anfänger gespielt, manches Original eines Komödienprinzipals ist für kürzere oder längere Zeit in Steyr gelandet. Nur auf einige Namen sei hingewiesen, weil sie die Steyrer Theatergeschichte mit bisher noch wenig bekannten Einzelheiten bereichern. Schon die erste Gesellschaft im neuen Haus, die Probsts, hatte einen guten Ruf. wie lobende Urteile in den Zeitungen („Linzer Zeitung", „Augsburger Zeitung") zur Zeit der Steyrer Tätigkeit Probsts und Zeugnisse der Behörden beweisen. Um 1803/06 leitete Franz Baßbach (geboren 1758 in Königgrütz) das Steyrer Theater. Er war in den Neunzigerjahren des 18. Jahrhunderts Theaterdirektor in Prag (Nationaltheater, Hibcrnertheater) und Karlsbad, 1803 gastierte er mit dem Steyrer Ensemble während der Ostermesse in Linz in der Reitschule und gab hier die letzten Theatervorstellungen vor der Eröffnung des neuen Landestheatcrs. Eine der originellsten Gestalten des Alt-Steyrer Theaters ergriff mit Franz Jakob Scherzer (1743 bis 1818) in der Spielzeit 1812/13 das Steyrer Direktionsszepter. Scherzer, der „letzte Prinzipal" der Wandertruppenzeit, der „Vater aller angehenden Schauspieler auf den kleinen österreichischen Provinztheatern", Gründer mehrerer Wiener Vorstadtbühnen (in der Josefstadt, in der Roßau, auf der Landstraße), mit denen er vergeblich den großen Traum seines Lebens, gleich Schikaneder ein glänzendes Wiener Theater zu schaffen, zu verwirklichen strebte, dann wieder jahrelang wandernder Schmierenkomödiant in Böhmen, Österreich und Ungarn, voll urwüchsiger Derbheit und unbekümmerter Theaterlust, hat fast ein halbes Jahrhundert in der Theatergeschichte eine denkwürdige Rolle gespielt. Seit 1806 war er endlich in Wiener Neustadt seßhaft geworden, die vorübergehende Vereinigung der Neustädter mit der Badener Bühne trieb Scherzer nach Steyr, wo sein Wirken allerdings eine wenig freundliche Kritik fand. Ein bodenständiger oberösterreichischer Wanderbühnendirektor des .Vormärz war Josef Bratsch, seit 1809 Prinzipal einer „Schauspieler- und Sängergesellschaft", der zahlreiche Mitglieder der Familie Bratsch angehörten. Bratsch spielte lange in der Steiermark und seit 1822 im Land ob der Enns, wo er zuerst das Gmundener Theater übernahm und dann in vielen Städten und Märkten des Landes zu finden ist. 1823 ging Bratsch nach Steyr, von wo er sich noch im selben Jahr, allerdings vergeblich, wie viele seiner Steyrer Direktionskollegen, um das Linzer Landestheater bewarb. Länger als alle anderen Direktoren, 1823 —1831 hatte die Truppe Bratsch ihr Winterquartier in Steyr; im Sommer spielte sie an verschiedenen Sommertheatern. 1823 wurde Bratsch durch Doktor Wirer mit seiner Steyrer Truppe in den eben aufblühenden Kurort Bad Ischl berufen, wo er bis 1826 im alten Theater im Krallhaus spielte und damit der erste Jschler Kurtheaterdirektor wurde; Ischl ivar damals Sommerbühne von Steyr. Im Sommer 1830 kehrte in Steyr die geschäftige Direktrice Katharina Hain ein, die langjährige Leiterin der Theater in Salzburg und Innsbruck. Eine vielumstrittene Erscheinung des Wiener Theaterlebens tauchte 1839 im Steyrer Stadtthcater auf: Ludwig Groll, der durch vier Spielzeiten, 1839,—1841 und 1850—1852 die Steyrer Bühne leitete. Groll führte im Meidlinger Theater in Wien 1830—1839 eine Liebhaberbühne, die damals einzige Wiener Versuchsbühne, auf der jeder, der selbst alle Kosten bestritt und auf die Gage verzichtete, auftreten durfte. Manche später bedeutende Schauspieler haben sich beim alten Groll in Meidling ihre ersten Schauspiellorbeeren geholt, viel mehr Unbegabte sind, durch diese merkwürdige Bühne angelockt, auf viele Jahre, wie Ludwig Anzengruber, oder für immer auf die Bahn des Schmierentums geglitten. Nach längerer Pause, in die seine zwei Steyrer Direktionen fallen, zog Groll 1855 wieder in das Meidlinger Theater ein und führte es, allerdings durch die Behörde zum Engagementsnstem verpflichtet, erfolgreich bis 1869 weiter. Er ist 1878 in Wien gestorben. 1861/62 übernahm Direktor Josef Lutz von Wiener Neustadt das Stevrcr Theater gemeinsam mit Josef Matras, dem später berühmten Wiener Komiker, der 41

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